• Review: Death SS - X

    Nicht allzu Viele scheinen davon Notiz genommen zu haben, doch es ist mal wieder so weit - die italienischen Satanisten-Urgesteine von Death SS melden sich mit einem neuen Album zurück! Das etwas mangelnde Interesse der Allgemeinheit an dieser Veröffentlichung mag einerseits mit dem generischen Albumtitel "X" zusammenhängen (Gruppen von Def Leppard bis Artillery lassen grüßen), andererseits waren auch die Machwerke der Truppe um Bandkopf Steve Sylvester in den letzten Jahren (respektive Jahrzehnten) nicht unbedingt dazu angetan, Stürme der Begeisterung auszulösen. Doch das heißt natürlich nicht, dass man den neuen Longplayer nicht zur Kenntnis nehmen sollte, und nachdem die erste Vorab-Veröffentlichung durchaus zu überzeugen wusste, durfte man gespannt sein, was Studioalbum Nummer zehn der Toskaner so auf dem Kasten hätte.

    Direkt mit dem Beginn des Openers "The Black Plague" fällt auf, dass sich die Abmischung des Albums im Vergleich zum Vorgänger verbessert hat und die Instrumente weniger ineinander verschwimmen. Das kommt der Nummer sehr zugute, handelt es sich doch um einen doomig angehauchten, schweren Track. Keyboard-Teppiche sorgen für eine angemessen düstere Grundstimmung, auch gregorianische Choräle sind immer wieder zu hören.

    Und wenn der eröffnende Song auf seine gut fünf Minuten Spielzeit dann doch nicht mit den ganz großen Highlights aufwarten kann, so wird dies gleich mit dem nachfolgenden "Zora" behoben. Dieser Track wurde vorab als Single ausgekoppelt und von einem wirklich großartigen Video begleitet, das alles bietet, was traditionellen Black Metal im Achtziger-Style ausmacht, hier aber leider nicht verlinkt werden kann, da wir diesen Review sonst nicht auf Facebook posten dürften. Aber auch musikalisch ist die Nummer ein Volltreffer, eine Band-Hymne in der Nachfolge des Klassikers "Heavy Demons" mit einem Refrain, der noch Tote zum Mitgröhlen animiert!

    Dieses Niveau kann freilich mit "Under Satan's Sun" nicht gehalten werden. Keyboards sind ja bei Bands aus der Horror-Ecke, wie Death SS eine sind, immer beliebt, um eine gruselige Atmosphäre zu schaffen, und in dieser Funktion ja auch durchaus gut aufgehoben, aber hier wird das Ganze einfach auf die Spitze getrieben. Der Refrain geht noch in Ordnung, ansonsten versteht sich die Nummer aber zu weiten Teilen als Techno-Soundexperiment auf den Pfaden von Rob Zombie - wobei man letzterem zumindest zugute halten kann, über eine deutlich dreckigere Stimme zu verfügen als Steve Sylvester und entsprechende Darbietungen so zumindest noch mit etwas Schneid zu versehen.

    Doch schon mit "Rebel God" zeigt sich die Band wieder deutlich verbessert. Zwar treibt auch diese Nummer die Keyboard-Präsenz in grenzwertige Sphären, kontrastiert diese jedoch mit einer überraschend schroffen Gitarren-Breitseite, nur um dann in einen sehr melodischen Refrain überzugehen, der so mancher klassischer Hard Rock-Band alle Ehre machen würde - und was sich hier liest wie eine wilde Mischung unterschiedlicher Bestandteile, geht in der Praxis tatsächlich erstaunlich gut auf.

    Mit "Temple Of The Rain" hat sich dann freilich auch wieder ein weitgehend reiner Gothic-Song auf das Album geschlichen. Diesen Pfad haben Death SS vor allem während der "The 7th Seal"-Phase sehr weit beschritten, mittlerweile sind die entsprechenden Einflüsse wieder etwas zurückgegangen, wenn auch nicht ganz geschwunden, wie das benannte Stück zeigt. Lediglich während des Pre-Chorus' scheint der Track ein wenig Fahrt aufzunehmen, was sich im Refrain, der mit weiterem Herumgeorgel aufwartet, jedoch nicht erfüllt.

    So ist es dann die zweite Alben-Hälfte, die mit einer echten Abrissbirne ihren Anfang nimmt; "Ride The Dragon" prescht in bester Speed-Manier aus den Boxen und führte mitunter schon dazu, dass man im Netz die Auffassung vernehmen konnte, Death SS machten jetzt Power Metal. Diese Aussage ist so nicht ganz zu unterschreiben, allein schon weil Steve Sylvesters urtypischer Gesang jeden Anflug von Heroik, wie sie im betreffenden Genre üblich ist, im Keim erstickt, doch hat man es in jedem Fall mit der energetischsten Nummer der Band seit sehr langer Zeit zu tun und es wäre verdient, vom besten Song auf "X" zu sprechen, wenn nicht der eine oder andere Keyboard-Einsatz gar zu schrill durch die Gehörgänge schneiden würde.

    Einen Mangel an musikalischer Exzentrik konnte man Steve Sylvester sicher noch nie unterstellen, doch es überrascht schon immer wieder auf's Neue, wenn der Herr nach dem vorigen doch veritablen Nackenbrecher das nachfolgende "Suspiria" plötzlich mit Akkordeon sowie anschließend einem Cembalo (oder zumindest einem entsprechenden Synthesizer) beginnen lässt. Nach diesem Intro entwickelt sich eine langsame, getragene Nummer, die jedoch gerade im Kontrast zum vorausgegangenen Speed-Bolzen schlussendlich etwas zu beliebig wirkt. Warum man schließlich am Ende des Songs noch einmal den abrupten Übergang zur Kammermusik einbaut, erklärt sich dann überhaupt nicht mehr und trägt auch kaum zum Hörgenuss bei.

    "Heretics" wiederum beginnt mit einer Akustik-Gitarre, die, unterlegt mit elektronischen Beats, eine rauchige Melodie anstimmt, dabei aber, beinahe ironisch, von einer epischen Orgel begleitet wird. Das Ergebnis klingt in etwa so, als hätten Powerwolf in einer durchzechten Nacht die Akustik-Klampfe aus dem Schrank geholt und würden sich jetzt an einer Country-Nummer versuchen; ein musikalisch eher kurioses Kapitel.

    Mit "The World Is Doomed" kehrt die Band dann zu regulären Keyboards und Synthies zurück, die auch gleich die Ehre erhalten, weite Teile des Songs im Alleingang zu tragen. Dies ist eigentlich bedauerlich, da der Refrain, in dem auch die Gitarren zum Einsatz kommen, durchaus ein gewisses, melancholisches Potential offenbart, das jedoch vom Rest der Nummer keineswegs abgerufen werden kann.

    Immerhin, zum Abschluss legt die Gruppe mit "Lucifer" nochmal eine deutlich verbesserte Nummer vor. Zwar sind die Keyboards erneut sehr präsent, doch fügen sie sich bedeutend besser ein, die Gitarren finden wieder etwas mehr Raum und der Ohrwurm-verdächtige Refrain kann seine Wirkung in diesem Kontext ebenfalls besser entfalten als dies bei einigen anderen Tracks des Albums der Fall war.

    Fazit:
    Ganz langsam, aber sicher arbeiten sich Death SS heraus aus dem Loch, in das sich die Band in den vergangenen 25 Jahren maneuviert hat. "Rock 'N' Roll Armageddon" war vor drei Jahren schon eine Verbesserung im Vergleich zu seinem direkten Vorgänger und "X" beschreitet diesen Weg weiter. Zwar regiert das Keyboard immer noch das musikalische Geschehen bei Death SS, doch feiern die Gitarren zumindest stellenweise ein Comeback und sind auch im Mix besser berücksichtigt als noch 2018. Auch kompositorisch trifft die Band wieder häufiger den rechten Ton als zuletzt und - einige eher kuriose Nummern einmal gnädig beiseite geschoben - liefert sogar einen echten Hit, der wohl als bester Song der Italiener mindestens seit "Hi-Tech-Jesus" vom "Panic"-Album durchgeht!


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