Traditional Thursday #141: Dragon - Horde Of Gog

  • Nachdem unsere letzte Ausgabe des Traditional Thursday die Bay Area-Titanen von Exodus behandelt hat, bleiben wir direkt im Thrash-Sektor, wechseln aber den Ort des Geschehens weg vom Thrash Metal-Epizentrum der Achtziger hin in die absolute Peripherie. Polen verfügte zwar Ende des benannten Jahrzehnts bereits über die eine oder andere recht potente Metal-Gruppe, doch nahm sich die Quantität - oftmals im auffälligen Gegensatz zur Qualität des vorgelegten Materials - doch eher bescheiden aus. In diesem Lande nun gründeten ein paar Jungs aus dem schlesischen Kattowitz bereits 1984 eine Thrash Metal-Band mit dem Namen Dragon, die sich somit sicherlich zu den frühesten Genre-Vertretern im Ostblock zählen darf. In späteren Zeiten würden der Gruppe so einige bekannte Größen der polnischen Metal-Szene angehören, doch als nach fünf Jahren des Bestehens das Debüt-Album "Horde Of Gog" erschien, hatte man es noch mit ein paar unbekannten, unter Pseudonymen wild vor sich hin thrashenden jungen Männern zu tun; immerhin, Gitarrist Gronoss würde unter seinem bürgerlichen Namen Jarek Gronowski Anfang des neuen Jahrtausends noch bei den Szenegrößen von Kat musizieren.

    Vom Dragon-Debüt existieren zwei Versionen, namentlich eine mit englischen Vocals und eine, "Horda Goga" betitelte, mit polnischem Gesang. Letztere ist die ursprüngliche Version, welche von beiden man aber bevorzugt, dürfte dem persönlichen Geschmack obliegen. Da ich selbst generell englischen Gesang solchem in der Landessprache vorziehe, bleibe ich bei "Horde Of Gog". Anzumerken ist aber dennoch, dass die beiden Versionen von unterschiedlichen Sängern eingesungen wurden. Wenn die Weiten des Internets uns nicht belügen, so verhielt sich die Sache so, dass der Gruppe gar nicht bekannt gemacht wurde, dass ihr Label Metalmaster Records Vokalisten Grzegorz Kupczyk von den damals bereits deutlich bekannteren polnischen Heavy Metallern von Turbo ins Studio gebeten hatten, um den Longplayer mit englischem Gesang zu versehen. Dies belegt einerseits, wie wenig Verfügungsgewalt die Bands im damaligen Osteuropa gegenüber den Labels über ihr eigenes Material hatten, andererseits aber auch, wie viel Potential man auf Seiten von Metalmaster in den Newcomern von Dragon zu sehen schien. Und auch wenn es der Gruppe nie gelang, zur ersten Garde der polnischen Metalbands aufzuschließen, so muss man doch anerkennen, dass dieses Debüt in der Tat qualitativ sehr weit vorne mitmischen konnte. Wie die meisten Ostblock-Thrasher nahmen sich Dragon die harte Kelle, mit welcher damals ihre deutschen Genre-Kollegen so erfolgreich waren und die schon einmal in archaische Death Metal-Gefilde abrutschen konnte, als Blaupause, versahen diese aber mit gewissen amerikanischen Einflüssen in Form melodischer und künstlerisch keineswegs minderwertiger Intros und Interludien. Dabei erreichten Dragon ein technisches und kompositorisches Niveau, das für eine Newcomer-Band in einem Land, in dem ja kaum eine echte Szenekultur existierte, wirklich aller Ehren wert ist und einigen ihrer deutlich bekannteren deutschen Genre-Kollegen absolut ebenbürtig gegenübersteht.

    Leider zeigte die Geschichte von Dragon nach diesem überzeugenden Longplayer stetig nach unten. Ein Jahr nach der Veröffentlichung von "Horde Of Gog" waren Sänger und Bassist der Band abhanden gekommen und auch der musikalische Stil veränderte sich, hin zu einer recht Groove-lastigen Herangehensweise, ehe die Gruppe zuletzt immer mehr in Industrial-Gefilde abrutschte. Dem Thrasher verbleibt mit "Horde Of Gog", ein interessantes, bisweilen leicht eigenwilliges, aber immer gutklassiges Zeugnis der frühen osteuropäischen Thrash Metal-Landschaft.

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