Konzertreview: Anvil + Gengis Khan + Bowmen live @ Backstage 2022

  • Dem kleinen Backstage-Club wurde gestern Abend große Ehre zuteil, als die kanadischen Speed Metal-Veteranen von Anvil die Location als Basis für ihren Angriff auf die Hörgänge der süddeutschen Bevölkerung nutzten. Während beim Opener Bowmen noch lockeres Einfinden im Saale das Gebot der Stunde war, so musste man bei der zweiten Vorband Gengis Khan von der Optik her beinahe den Eindruck gewinnen, es hier mit einer Black Metal-Kapelle zu tun zu haben. Tatsächlich fügte sich die Musik des Fünfers aber recht gut ins Gesamtkonzept des Abends ein, wenn nicht ständig vom Band eingespielte Plastik-Keyboards den Eindruck doch recht deutlich getrübt hätte. Auch sonst war der Sound der Italiener stellenweise etwas unkonventionell, mitunter diente nur die exakte Wiederholung bestimmter Motive an mehreren Stellen im Song als Beweis dafür, dass tatsächlich kein Spielfehler vorlag.

    Aber auch nach derlei nicht unbedingt zwingenden Darbietungen der Vorbands lassen Anvil natürlich nichts anbrennen. Es gibt wohl kaum eine andere Band der Achtziger, der man bescheinigen kann, sich so wenig verbogen zu haben und derart bodenständig geblieben zu sein wie die Ahornblätter. Allüren gibt es hier keine, ebenso wenig Intros oder Zugaben. Die Band baut selbst ihr Equipment auf, legt los und anschließend wird gespielt, bis der letzte Song gespielt ist. Sänger und Gitarrist Lips beendet die Show mit einem Solo inmitten des Publikums und geht anschließend direkt in den Feiermodus über, schüttelt Hände und kommt auch wirklich jedem letzten Photo- oder Autogrammwunsch nach (was einen begeisterten MetalCrew-Admin dazu bringt, jetzt ein Selfie mit Lips Kudlow zu haben – genial!). Auch schon während des Konzerts gibt es zwischendurch beliebte Einlagen wie ein Vibrator-Gitarrensolo (unter Anwendung vierer verschiedener Spieltechniken!) oder Geschichten, wie Lips in den Achtzigern zusammen mit Lemmy Kilmister Speed genommen hat – ein Treffen zweier Metal-Legenden, bei dem man nur zu gerne mal Mäuschen gespielt hätte. Die musikalische Leistung ist, trotz Lips’ kleiner textlicher Unsicherheiten beim neu veröffentlichten „Take A Lesson“, ebenfalls tadellos, wobei man, wenn man das Haar in der Suppe suchen möchte, beklagen könnte, dass es kein einziger Song aus den Alben der Band in den neunziger Jahren in die Setlist geschafft hat. Das ist schade, denn als eine der wenigen klassischen Metal-Gruppen können Anvil tatsächlich auf ein Arsenal starker Nummern aus jener Zeit zurückblicken. Sicher, man kann andererseits auch nicht die bandeigenen Klassiker aus der Playlist werfen, nichtsdestoweniger hätte man dem Trio hier etwas mehr Mut bei der Zusammenstellung gewünscht. Doch wie hat es Lips selbst so treffend auf den Punkt gebracht: „Success is doing what you love... and getting away with it!“ Und als einem der wenigen Metal-Frontmänner kauft man diesem Mann eine solche Aussage nicht nur ab, sondern man gönnt sie ihm auch von ganzem Herzen.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!