Anvil - Legal At Last

  • Review: Anvil - Legal At Last:

    Anvil zählen ohne Zweifel zu den wichtigsten Größen der kanadischen Metal-Szene. Seit beinahe fünfzig Jahren ist das Trio bereits unterwegs und zählte zu den maßgeblichen Kräften, die dem Speed Metal Anfang der Achtziger zu seinem Aufstieg verhalfen. Diese Zeiten sind freilich lange vorbei und leider ist dieser Umstand auch an den Herren aus Toronto nicht spurlos vorübergegangen. So wirkten die Werke, die die Band nach 2000 herausbrachte, oftmals etwas beliebig und verfügten nur noch über solides Song-Material, nicht mehr aber über den letzten Biss, der für den ursprünglichen Erfolg der Gruppe maßgeblich gewesen war. Album Nummer 18 hört nun auf den Titel "Legal At Last" und reiht sich damit ein in die Band-eigene Tradition der dreiteiligen Albentitel. Das Cover ziert einmal mehr der typische Amboss, dessen Darstellung allerdings doch eher lächerlich geraten ist - sicherlich hat man es hier mit einem der missglücktesten Alben-Artworks der Band-Geschichte überhaupt zu tun. Aber was zählt, ist natürlich wie immer die Musik, die wir uns im Folgenden einmal zu Gemüte führen wollen.

    1. Legal At Last:
    Das Album startet mit einem verdächtigen Blubbern, das in Verbindung mit dem Titel des Silberlings in eine eindeutige Richtung weist. Vor zwei Jahren wurde Cannabis in Kanada legalisiert, was den Herren von Anvil ganz offensichtlich gut gefällt. Lips Kudlow hatte sich vor der Veröffentlichung einmal wie folgt zur Message des Albums geäußert: Cannabis ist mittlerweile legal und genauso ist es heute auch möglich, Anvil zu hören, ohne dafür verurteilt zu werden. Musikalisch war die Nummer samt Musikvideo ja schon vorab bekannt; Anvil geben ordentlich gas und starten gleich mit einem ihrer typischen Uptempo-Feuerwerke. Das ist sicherlich seit Jahrzehnten etablierter 08/15-Speed Metal ohne alle Neuerungen, aber wenn er mit so viel Freude und Enthusiasmus vorgetragen wird, fällt es doch schwer, sich dem stupiden Spaß-Faktor dieser Nummer zu entziehen.
    7/10 Punkte

    2. Nabbed In Nebraska:
    Und damit ist die Marschrichtung nicht nur für den zweiten Song, sondern eigentlich auch schon für das gesamte Album vorgegeben. "Nabbed In Nebraska" ist die Single des Albums, hätte sich aber auch als Album-Titel ganz gut gemacht und behandelt natürlich thematisch die gleiche Schiene wie der Opener. Allgemein nimmt der Song ein Wenig den Fuß vom Gas und geht als grundsolide Midtempo-Dampfwalze durch, die man auch locker von den Kollegen von Accept hätte erwarten können - und das verwundert auch nicht, immerhin haben ja Udo und Konsorten zur gleichen Zeit wie Anvil fast das gleiche Feld zwischen Heavy und Speed Metal beackert. So will man es hören!
    7/10 Pkt.

    3. Chemtrails:
    "Chemtrails" ist wieder deutlich flotter als der vorige Track und hat eine gehörige Portion Druck unterm Kessel. Dazu kommt die für Anvil typische leicht unausgegoren - im besten Sinne des Wortes - anmutende Spontaneität, bei der man immer ein wenig das Gefühl hat, direkt daneben zu stehen, während die drei Herren im Proberaum abrocken. Warum die Nummer Punkte-mäßig trotzdem schlechter wegkommt also die ersten beiden? Nun, der Rezensent ist beileibe niemand, der von einer Band poetische Höhenflüge einfordert, aber wenn man lyrisch mit derart begrenztem Talent gesegnet ist wie Lips und sich in so einfachen, wenig anspruchsvollen Texten ergeht, sollte man vielleicht doch lieber die Finger von allzu virulenten Verschwörungstheorien lassen. Ansonsten kann das Ergebnis, wie bei der in diesem Song behandelten Thematik, doch schnell mehr als nur ein Wenig peinlich anmuten.
    5/10 Pkt.

    4. Gasoline:
    Auch der nächste Song geht ordentlich in die Vollen, ist jedoch in der Herangehensweise vielleicht der größte Ausreißer des Albums. Die Nummer baut eine dichte, beinahe doomig anmutende Atmosphäre auf, wie man sie von Anvil sonst eigentlich kaum gewohnt ist. Das Problem bei der Angelegenheit ist allerdings leider ein wenig das Material an sich: Vielleicht fehlt es Anvil für solche Nummern an spielerischer Finesse, jedenfalls kommt der Track nicht über Mittelmaß hinaus.
    5/10 Pkt.

    5. I'm Alive:
    Einen Gegensatz hierzu bildet wiederum das folgende "I'm Alive". Hier hat man wieder einen Rocker, wie er für die Ahornblätter typisch ist, mit einem coolen Riff und simplen Strukturen. Dass man trotzdem qualitativ nur bedingt von einer Verbesserung im Vergleich zum letzten Track sprechen kann, liegt vor allem daran, dass die Nummer, wie übrigens so mancher Teil dieses Albums, dann doch ein Bisschen übertrieben locker und laid-back wirkt und stellenweise bei der Band der letzte Wille zu fehlen scheint, auch wirklich das Maximum aus dem Song herauszuholen.
    5,5/10 Pkt.

    6. Talking To The Wall:
    "Talking To The Wall" ist eine weitere Nummer, die nach Anvil geradezu schreit. Besonders überzeugen kann hier das Mainriff, das sicherlich eines der besten der Scheibe darstellt und um das der ganze Song gemodelt ist. Leider kann der Track abgesehen von eben diesem einen Riff nicht allzu viel, die Strophen und alle weiteren Bestandteile wirken wie wenig inspiriertes Beiwerk. Auch hier wäre grundsätzlich sicher noch mehr möglich gewesen.
    6/10 Pkt.

    7. Glass House:
    War das Album schon vorher eher im Mittelmaß angekommen, so bringt auch "Glass House" leider keine merkliche Besserung, ist doch die Nummer auch weitestgehend bloßer Durchschnitt. Positiv ist auf dem ganzen Album die sehr druckvolle Produktion zu vermerken, die dem Material von Anvil naturgemäß gut zu Gesicht steht und auch einem eher mäßigen Track wie diesem hier noch eine beachtliche Heaviness verleiht.
    6/10 Pkt.

    8. Plastic In Paradise:
    Sehr heavy wirkt dann auch "Plastic In Paradise" (mit einem weiteren sehr schönen Song-Titel), das auch musikalisch wieder eine bessere Figur abgibt als seine Vorgänger. Für die Verhältnisse von Anvil geht man hier geradezu anspruchsvoll zur Sache, die drei Musiker zeigen rein technisch gesehen ihre vielleicht beste Leistung auf diesem Album. Inhaltlich geht es bei diesem Song um die Zerstörung unserer Umwelt, die die Kanadier beklagen. Grundsolide Nummer, die auch live zu einem veritablen Gassenhauer mutieren könnte!
    7/10 Pkt.

    9. Bottom Line:
    Demgegenüber fällt "Bottom Line" dann wieder ein Wenig ab. Sicher, schlecht ist die Nummer keineswegs und zu hundert Prozent Anvil sowieso, doch krankt der Song an genau den Kritikpunkten, die man eben auf dem gesamten Album ausmachen kann: Es fehlt ein wenig die Ernsthaftigkeit, Lips und seine Kumpanen schießen ein Bisschen zu entspannt aus der Hüfte. Wenn dann noch das dargebotene Material nicht ganz allerhöchsten Ansprüchen genügt, bleiben unter dem Strich halt nur...
    6/10 Pkt.

    10. Food For The Vulture:
    Kurz vor dem Ende der Scheiblette drehen Anvil dann aber noch einmal voll auf: "Food For The Vulture" wartet mit geilen Gang-Vocals auf, die Speed Metal-Seite von Anvil tritt hier vielleicht auf dem ganzen Album am stärksten hervor und auch das Riff gehört definitiv zur gehobenen internationalen Güteklasse. In diesem Kontext wirkt dann auch die zuvor mehrfach bemängelte Entspanntheit des Materials nicht mehr wie unkonzentriertes Larifari, sondern liefert der Nummer die nötige Lockerheit. Vielleicht der beste Song des Albums!
    8/10 Pkt.

    11. Said And Done:
    Freilich kann auch das abschließende "Said And Done" nochmal ordentlich Punkten. Hier geht es einmal mehr in bester Heavy-Manier zur Sache, Anvil lassen es nochmal ordentlich krachen und feuern eine Nummer ab, die mächtig Spaß verbreitet und über ein nicht zu verleugnendes Hit-Potential verfügt, ehe sich der Player dann nach einer guten Dreiviertelstunde auch schon wieder abschaltet.
    7,5/10 Pkt.

    Fazit:
    Werden Anvil sich mit "Legal At Last" also zuletzt doch noch einmal an die Spitze der Heavy- und Speed-Szene katapultieren? Es steht schwer zu bezweifeln. Dafür findet sich auf dem achtzehnten Album der Band einfach zu viel Leerlauf und auch wer mit der Erwartung an die Scheibe herangeht, hier ein zweites "Metal On Metal" zu finden, der wird enttäuscht wieder nach hause gehen. Wem es aber genügt, zuzuhören, wie einige eingesessene Metal-Recken merklich und zu hundert Prozent authentisch Spaß haben, wer auf Innovation und Einfallsreichtum auch mal verzichten kann und wem es vor allem darum geht, guten, handgemachten Heavy Metal auf die Ohren zu bekommen, der kann mit "Legal At Last" gar nichts falsch machen und dem sei die Scheibe dann auch wärmstens ans Herz gelegt. Ihr Kernpublikum erreichen die drei älteren Herren also nach wie vor ohne Probleme, auch wenn von den Ansprüchen, mit denen die Band in den Achtzigern und teilweise auch noch den Neunzigern berechtigterweise aufwarten konnte, heute sicherlich keine Rede mehr sein kann.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

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