Testament - Titans Of Creation

  • Review: Testament - Titans Of Creation:

    Ein neues Testament-Album ist immer eine spannende Angelegenheit. Die neben den (angeblichen) Big Four größte Thrash Metal-Band der Welt reiht in ihrer Karriere großartige Sternstunden an herbe Enttäuschungen und nie kann man so ganz sicher sein, was einen auf dem nächsten Album erwarten wird. Einen richtigen Kracher jedoch haben die Amis schon seit einer langen Zeit nicht mehr in der Hinterhand gehabt. "The Formation Of Damnation" kratzte 2008 zwar an diesem Status, hatte aber letztlich zu wenig Substanz, um auf lange Sicht wirklich spannend zu bleiben. Dann folgte das hochgradig mittelmäßige "Dark Roots Of Earth", bei dem sich das Quintett mehr als einmal in Midtempo-Gewalze verloren, das wirklich nirgendwohin führte. Bedeutend stärker war dann wieder "Brotherhood Of The Snake", das in etwa in derselben Liga wie sein Vor-Vorgänger agierte. Nun ist also mit "Titans Of Creation" der nächste Streich der Truppe in den Plattenregalen erhältlich und man fragt sich, ob der Aufwind des letzten Albums in einen dauerhaften Trend mündet, oder ob es sich nur um einen Luftstoß handelte, der schnell wieder verpufft.

    1. Children Of The Next Level:
    Den Anfang der Scheibe macht das schon als Single ausgekoppelte "Children Of The Next Level". Die Nummer ist ein typischer Testament-Thrasher der etwas langsameren Sorte, kein Geschoss, sondern ganz im klassischen Midtempo daherstampfend. Der Track animiert umgehend zum Headbangen und geht trotz der recht komplexen Songstruktur gut ins Ohr. Als Opener freilich ist der Song eine überraschende Wahl, hätte man da doch eher etwas Geradlinigeres und Brutaleres erwartet. Trotzdem eine gute Nummer.
    7/10 Punkte

    2. WW III:
    Ein entsprechender Highspeed-Tornado fegt dann dafür mit dem zweiten Track "WW III" durch die Reihen. Obwohl auch diese Nummer sehr eingängig ist und sich schnell in den Hörgängen festsetzt, wird hier in Sachen Geschwindigkeit und Härte die Schraube deutlich angezogen - eine Kombination, die wahrlich nicht einfach zu bewerkstelligen ist. So in etwa würden wohl die modernen Metallica klingen, wären sie nicht nach "... And Justice For All" in die Straße Richtung Schnarchigkeit abgebogen, sondern dem Thrash Metal treu geblieben. Wer hier nicht die Matte schwingt, dem ist auch wirklich nicht mehr zu helfen!
    7,5/10 Pkt.

    3. Dream Deceiver:
    Nach diesem starken Beginn fällt dann "Dream Deceiver" doch deutlich ab. Nicht nur bedient man sich im Songtitel beinahe exakt bei einer Judas Priest-Nummer, auch musikalisch orientiert man sich hier deutlich am frühen Heavy Metal, durchsetzt bisweilen sogar mit einigen rockigen Anleihen, wie man sie von der Band sonst bestenfalls aus der "The Ritual"-Phase kennt. Sicherlich, ich bin kein Fan davon, wenn Testament sich in allzu progressive Gefilde bewegen und bevorzuge oftmals eher unkomplexe Nummern mit einem gewissen Ohrwurm-Potential, aber das hier ist nun für eine Band wie die Amis schon wirklich ausgesprochen fade Kost.
    6/10 Pkt.

    4. Night Of The Witch:
    In eine ganz andere Richtung geht zum Glück wieder "Night Of The Witch". Die Nummer samt zugehörigem Lyrics-Video war das Erste, was man von "Titans Of Creation" zu hören bekam, und machte unmittelbar Lust auf mehr. Der Track ist durchzogen von deutlichen Black Metal-Bestandteilen sowohl in den Vocals als auch bezüglich der Instrumente, was ihm absolut zu Gute kommt; der Song hätte auch auf der brachialen "The Gathering"-Scheibe ohne weiteres eine gute Figur abgegeben. So will man Testament hören!
    8/10 Pkt.

    5. City Of Angels:
    "City Of Angels" wiederum bietet hierzu eigentlich das direkte Kontrastprogramm und wartet mit den vielleicht softesten Vocals auf, die Chuck Billy auf diesem Longplayer zum Besten gibt. Mit dem James Hetfield-Gedächtnis-Register hat der Hüne jedoch leider schon zu "Practice What You Preach"-Zeiten eher keine Begeisterungsstürme ausgelöst und das hat sich auch bis heute nicht geändert. Damit der Übergang im Gesang nicht ganz so krass ausfällt, hat man an den Anfang dieses Songs noch ein reichlich konfuses Gitarren-Bass-Intro geklatscht, das sich irgendwie so gar nicht in das Lied einfügen will. Abgesehen davon plätschert der Track so vor sich hin, gute oder außergewöhnliche Momente gibt es aber eigentlich nicht und einige der Melodien sind für einen Thrash Metal-Longplayer schlichtweg deutlich zu soft ausgefallen.
    5/10 Pkt.

    6. Ishtar's Gate:
    Nicht viel besser wird es mit "Ishtar's Gate". Schon das Groove-lastige Bass-Intro lässt nichts Gutes erahnen und tatsächlich handelt es sich dann auch beim Song selbst um eine sehr langsame Nummer, "laid back", wenn man es so nennen möchte, mit Melodien, die sich eher zum Kuscheln als zum Headbangen eignen und wartet dazu mit gesprochenen Parts auf, die ebenfalls gelinde gesagt nur bedingt überzeugen. Alles in allem läuft die Nummer genauso ziellos ab wie der letzte Song, zumindest geht es aber im Text ins alte Babylon; ein cooles Thema - dafür gibt's 'nen Extra-Punkt.
    6/10 Pkt.

    7. Symptoms:
    "Symptoms" ist der Beginn der zweiten Alben-Hälfte und bis zu diesem Punkt eindeutig der schlechteste Track der Scheibe. Der Song durchläuft eine ganze Reihe von Transitionen, die wohl Spannung aufbauen und den Hörer emotional fesseln sollen, aber letzten Endes nur einschläfernd wirken, und man ertappt sich jedes Mal wieder dabei, nur auf den Refrain zu warten, auf den die ganze Nummer zu läuft. Dieser wiederum wird wahrscheinlich einmal mehr ein unvermeidlicher Live-Hit werden, aber solche Tracks, die nur auf den Refrain bauen und den Rest des Songs quasi darum herum konstruieren, gibt es halt auch wie Sand am Meer. In den Strophen tauchen dagegen plötzlich orientalisch wirkende Melodiebögen auf, die thematisch eigentlich bestenfalls zum letzten Lied gepasst hätten, und im Gitarren-Solo hat sich Alex Skolnick, bei all seiner technischen Klasse, dann doch deutlich verstiegen. Eindeutiger Fall für die Skip-Taste!
    3/10 Pkt.

    8. False Prophet:
    Der ersehnte Aufschwung kommt dann aber mit viel Wucht in Form von "False Prophet". An der Nummer hat Zetro Souza von Exodus mitgeschrieben und dieser hat ganz offensichtlich eine ordentliche Menge frischen Wind - beziehungsweise eigentlich eher eine Besinnung auf alte Tugenden - in die Band gebracht. Der Song thrasht in bester Achtziger-Jahre-Manier nach vorne und liefert ein ordentliches Pfund, wie es für Testament auf ihren ersten Outputs noch typisch war. Grundsolide Nummer und ein definitives Highlight des Albums!
    8/10 Pkt.

    9. The Healers:
    Auf dem gleichen Level bewegt sich auch das folgende "The Healers". Hier werden die klassischen Testament-Elemente genommen und mit einer rabiaten Death Metal-Breitseite vermischt, wie sie die Band auf einigen ihrer Outputs aus den Neunzigern praktizierte. Das Ergebnis dieser Symbiose ist ein mächtiges Geschoss, das weiter vorne in der Tracklist des Albums vielleicht sogar noch mehr Wirkung hätte entfalten können.
    8/10 Pkt.

    10. Code Of Hammurabi:
    Mit "Code Of Hammurabi" geht es weiter und diesmal geht es nicht nur textlich nach Babylon, sondern auch im Song ist diesmal das entsprechende vorderasiatische Moment spürbar. Dieses wirkt aber hier keineswegs so beliebig wie auf "Symptoms", sondern wird mit einer harten Ladung Death-Thrash durchsetzt, sodass beide Pole gut zur Geltung kommen. Man möchte nicht den Vergleich zu Nile wagen (die ja auch in ihren musikalischen Einflüssen etwas weiter südlich angesiedelt sind), doch dampft diese Nummer auf jeden Fall mit einer sehr beachtlichen Wucht durch die Landschaft.
    7/10 Pkt.

    11. Curse Of Osiris:
    In das lyrische Territorium von Karl Sanders und Co. rücken Testament dann im nachfolgenden "Curse Of Osiris" vor und auch dieser Song zeigt absolut keine Bestrebungen, nach den vorangegangenen Brechern einmal den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Äußerst brutal kommt auch diese Nummer daher, doch während in den letzten Songs der Death Metal regierte, wirkt Track Nummer elf des Albums ein wenig wie der kleine Bruder von "Night Of The Witch" und wartet mit einigen fiesen Schwarzmetall-Anleihen auf. Stark!
    7/10 Pkt.

    12. Catacombs:
    Da ist das Album dann also schon fast vorbei, als Testament noch zur Kür ansetzen - und leider eine Arschbombe vollziehen. "Catacombs" ist ein vollkommen überflüssiges Instrumental-Stück, das Bass-lastig und einmal mehr völlig verkünstelt über die Bühne geht, sodass der Zuhörer, statt angenehm aus dem Album geleitet zu werden, mit einem großen Fragezeichen im Gesicht sitzen bleibt. Es ist bezeichnend, dass dieser Song und das ebenfalls schwache "Symptoms" die einzigen beiden Nummern des Albums sind, die Testament komplett selbst geschrieben haben (beim Rest hatte man kompositorische Hilfe von Del James). Ist hier der Band einfach das Wissen abhanden gekommen, wie man gute Songs schreibt?
    3/10 Pkt.

    Fazit:
    Es ist eine wundersame Mixtur, das neue Testament-Scheibchen. Es finden sich hier definitiv starke Thrash Metal-Brecher, die unzweifelhaft Laune machen, aber auch der eine oder andere komplette Ausfall. So schlimm, wie es das äußerst unpassende Album-Cover nahelegte, ist der Longplayer zum Glück nicht geworden, aber den erhofften Schritt, mal wieder einen echten Klassiker auf den Markt zu werfen, haben die Amerikaner ebenfalls deutlich verpasst. Stattdessen verliert "Titans Of Creation" sogar den Vergleich mit seinem direkten Vorgänger "Brotherhood Of The Snake" eindeutig und schleppt sich nur mit lieber Not noch vor "Dark Roots Of Earth" über die Ziellinie. Schade, denn so wird man sich für den ersten richtig genialen Output der Band seit "The Gathering" (1999 ist die Scheibe erschienen!) noch einige weitere Jahre gedulden müssen.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

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