Kotzer der Woche #45: Grave Digger - Thousand Tears

  • Die Gladbecker Metal-Urgesteine von Grave Digger werden am 29. Mai ihr neues Studioalbum mit dem Titel "Fields Of Blood" veröffentlichen. So weit so gut, denkt sich da der geneigte Metalhead, doch schon wenn man hört, dass sich die Totengräber für dieses Album thematisch einmal mehr nach Schottland begeben werden, trübt sich die Vorfreude deutlich ein. Die Ausflüge auf die Insel haben der Band in ihrer Karriere musikalisch selten gut getan und allein die Existenz eines einzigen großen Hits in Form des Dauerbrenners "Rebellion (The Clans Are Marching)" macht es eigentlich auch nicht zur Notwendigkeit, auf diese Thematik immer wieder zu rekurrieren.

    Nichtsdestotrotz war "All For The Kingdom" als erster Song vom neuen Album ein durchaus amtliches Stück Schwermetall, das die gröbsten Befürchtungen zunächst zu zerstreuen vermochte. Klar war aber auch, dass der kommende Longplayer sicher wieder eine Ballade im pseudo-schottischen Flair mit sich bringen würde, und ebenjene wurde nun mit "Thousand Tears" veröffentlicht. Zu allem Überfluss haben sich Grave Digger außerdem wie schon auf dem letzten Album "The Living Dead" mit einem denkbar schlecht gewählten Feature zusammengetan. Waren es vor zwei Jahren Russkaja, die den Hörer in den Genuss einer höchst zweifelhaften Nummer brachten, so arbeitete die Band diesmal mit Noora Louhimo, Frontfrau der Finnen-Truppe Battle Beast, zusammen. Wie viel der Autor dieser Zeilen von der genannten Dame, die als weibliches Pendant zu Joakim Brodén nicht unpassend beschrieben wäre, hält, dürfte wohl keiner weiteren Erläuterung bedürfen.

    Doch obwohl Madame Louhimos Gesang in dem Song mal wieder gewohnt schmalzig daherkommt und spätestens im letzten Refrain dann doch wirklich eindeutig over the top geht, bleibt fairerweise festzuhalten, dass die Finnin bei weitem nicht der einzige Umstand ist, an dem der Track krankt; tatsächlich klingt sogar Chris Boltendahl im direkten Vergleich noch schlechter als sein weiblicher Counterpart. Nun war Chris offenkundig nie ein objektiv guter Sänger, doch mittlerweile ist die Stimme des Herrn offenbar so alt und gebrechlich, dass man sich scheinbar genötigt sah, gefühlte siebenundzwanzig Gesangsspuren übereinander zu legen, um überhaupt noch ein nennenswertes Resultat für eine Ballade zu bekommen. Das wiederum macht aber alles nur noch schlimmer und so bietet sich dem Hörer hier ein Gekrächze und Gewimmer dar, das an Traurigkeit schon seines Gleichen sucht. Noch dazu hat man im zweiten und dritten Refrain, wo beide Vokalisten zusammen singen, die Stimmen seltsam unintuitiv zueinander konzipiert, sodass die ganze Sache zwar nicht direkt falsch klingt, sich aber dem Rezipienten doch nicht einmal im Ansatz erschließt. Ganz kurz tauchen dann zwischendurch mal ein paar Gitarren auf, aber in einem Song, der so sehr vom Gesang abhängt wie dieses Duett, gibt es für die Instrumentalisten einfach nichts mehr zu retten. Ein weinerlicher Dudelsack, dessen Wirkung verpufft wie ein Furz in der steifen Brise der schottischen Atlantikküste, tut sein Übriges dazu, das Lied zu einer Angelegenheit zu machen, die man lieber schnell wieder vergessen möchte.

    Das Einzige, wovor der Rezensent wirklich den Hut ziehen muss, ist die Beharrlichkeit, mit der sich Grave Digger nach wie vor an Balladen versuchen. In vierzig Jahren Bandgeschichte haben die Totengräber auf nun bald zwanzig Alben mindestens ebenso viele Balladen veröffentlicht, die mit einer einzigen Ausnahme (das schöne "Silence" vom selbstbetitelten Album) allesamt eine absolute Qual sind. Offenbar glaubt Chris entweder tatsächlich jedes Mal wieder, diesmal ein Machwerk geschaffen zu haben, das irgendjemand freiwillig hören möchte, oder aber die Band zieht die Sache aus Prinzip eisern bis zum bitteren Ende durch. In jedem Fall verdient so viel Standhaftigkeit gegenüber jeglicher Form von Realismus eigentlich schon wieder Anerkennung.

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