Kotzer der Woche #53: Kiss - Shandi

  • Kiss - eine der größten Rock-Bands aller Zeiten, Schminke, Plateauschuhe und eine Karriere wie eine Achterbahn zwischen genialen Meisterwerken und Ausfällen, die bis heute fassungslos machen, garniert immer mit einer gesunden Portion Größenwahn und allzu oft auch mit Streitereien und Konflikten mit aktiven oder ehemaligen Bandmitgliedern oder dem sonstigen Umfeld. Wer Hard Rock mag und nicht zumindest einige der Werke der Gruppe feiert, bei dem ist in der musikalischen Früherziehung zweifelsfrei etwas schief gelaufen, aber auf der anderen Seite hat man auch keinen Mangel an Kandidaten, wenn man einen Kotzer über diese Band verfassen möchte. Tatsächlich fiel es mir schwer, mich für eine Nummer zu entscheiden und es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass wir in Zukunft an dieser Stelle noch einmal auf das Quartett zu sprechen kommen werden.

    Dabei hatte doch alles so gut angefangen, damals in den Siebzigern. Die ersten sechs Alben der Band waren jetzt vielleicht nicht alle gleichermaßen legendär, aber doch in jedem Fall allesamt mehr als beachtenswerte Zeugnisse des typischen Hard Rocks ihrer Zeit. Erst zum Ende dieses Jahrzehnts, 1979, ging es mit der Gruppe dann deutlich bergab; mit dem "Dynasty"-Album bewegte man sich in Richtung Disco-Rock, am stärksten offenbar im Smash-Hit "I Was Made For Lovin' You". Anschließend kam es zunehmend zu Spannungen innerhalb der Band, sodass Drummer Peter Criss am folgenden, achten Studio-Output kaum noch beteiligt war. Jenes Album war schon von seinem ganzen Konzept her ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit, nachdem man - trotz enormen Radio-Airplays - mit dem Vorgänger einen guten Teil seiner früheren Fanbase verprellt hatte. Effekthascherisch nannte man das Album "Unmasked" - nur, um sich dann eben genau nicht zu demaskieren. Es verwundert kaum, dass die Öffentlichkeit von dieser Finte nicht unbedingt angetan war und was das sonst so sichere Marketing-Duo Simmons/Stanley sich bei dieser Entscheidung dachte, erschließt sich im Nachhinein nicht mehr wirklich.

    Schlimmer als die fragwürdige Promotion des Albums war aber noch die musikalische Darbietung. Während Gitarrist Ace Frehley hier noch eine akzeptable Leistung ablieferte und für die wenigen Highlights des Albums fast im Alleingang verantwortlich war, hatte Peter die Band de facto fast schon verlassen und Gene und Paul waren völlig außer Form. Das Ergebnis war ein Album, das noch stärker als der Vorgänger in poppigen Disco-Gefilden versank, exemplarisch zu beobachten am hier vorgestellten Song "Shandi". Wenn man bedenkt, das dieses Nümmerchen tatsächlich die Lead-Single des Albums war, die vorab ausgekoppelt und an die Radiostationen verteilt wurde, kann einen der Misserfolg der Scheibe wirklich nicht mehr überraschen. Der Stanley-Komposition fehlt absolut alles, von einem Riff über Energie bis hin zu Witz oder Finesse. 1980, in dem Jahr, in dem die NWoBHM ihren Durchbruch feierte und Heavy Metal durch die Decke ging, rumpelte der Kiss-Train weiterhin in Richtung seichtester Pop Rock-Gefilde. Die Zeit der Band schien endgültig abgelaufen.

    Rückblickend betrachtet muss man sagen, dass das folgende "Music From The Elder"-Album "Unmasked" sogar nochmal unterbot, doch fand sich hier nicht der eine Einzel-Song, an dem sich die Krise der Band so eindeutig veranschaulichen ließe, wie dies bei "Unmasked" der Fall ist. So bleibt also "Shandi" einer der großen Schandflecken in der Geschichte dieser Band während ihrer ersten Schwächephase, von der sie sich erst 1982 wieder erholen würde, als man mit "Creatures Of The Night" das Undenkbare vollbrachte und sich mit einem weiteren Klassiker zurückmeldete. Bis dahin waren allerdings sowohl Peter als auch Ace bereits kein Teil der Band mehr.

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