Kotzer der Woche #71: Annihilator - Payback

  • Es ist fast ein wenig verwunderlich, dass bisher scheinbar noch niemand auf die Idee gekommen ist, Annihilator zum Kotzer der Woche zu machen - und das sage ich nicht als Feind der Band oder jemand, der Jeff Waters für einen Egomanen hält, sondern durchaus als Fan der Gruppe. Fakt ist aber, dass der Trupp um den kanadischen Saitenhexer sich konstant auf dem dünnen Grat zwischen Genie und Wahnsinn bewegt. Gerade die diesjährige Scheibe "Ballistic, Sadistic" stellte ja gerade deswegen nicht nur eines der besten Alben des Jahres, sondern durchaus auch eine handfeste positive Überraschung dar, weil es Mr. Waters (vom mäßig spannenden "Psycho Ward" vielleicht einmal abgesehen) tatsächlich gelang, sich und die Band zu fokussieren und sein unbestreitbar enormes Können durchgehend produktiv einzusetzen. Gerade dies ist nämlich eine Disziplin, mit der Annihilator in ihrer Karriere fast durchgehend kleine bis größere Probleme hatten. Da sind zum Einen natürlich Alben, die einfach in ihrer Gesamtheit enttäuschten. Vom Komplett-Ausfall "Remains" beispielsweise könnte man ohne Zögern jeden einzelnen Song hier in den Kotzer einbauen. Das ist freilich an sich nichts Besonderes, auch andere große Bands haben sich schließlich schon Ausfälle geleistet, auch wenn es davon zugegebenermaßen bei Annihilator besonders viele gab (geht man die beachtlich lange Liste der Veröffentlichungen dieser Gruppe durch, so könnte man wohl gut einer Handvoll Alben ohne Zögern und guten Gewissens das Prädikat "schlecht" verleihen).

    Was an Annihilator ungewöhnlich ist, ist jedoch vielmehr, dass sich selbst auf den insgesamt überzeugenden Alben der Gruppe immer wieder einzelne Songs finden, die komplett aus dem Rahmen fallen. Und genau da sind wir beim heutigen Kotzer angekommen. Das selbstbetitelte Album war nämlich 2010 nicht nur ein absolut überzeugender Output der Band, sondern beendete auch die längste Krisen-Phase der Karriere der Canucks und stellte den besten Longplayer der Gruppe seit "Never, Neverland" (erschienen exakt zwanzig Jahre früher) dar. Doch selbst auf diesem unbezweifelbar starken Album finden sich auf zehn Tracks (darunter ein Van Halen-Cover) gleich zwei komplette Ausfälle. "25 Seconds" kann zumindest noch durch einen gesellschaftskritischen Text überzeugen, weshalb dem völlig missratenen und aller Gitarren-Magie zum Trotz einfach maximal stupiden Metalcore-Ausflug "Payback" die zweifelhafte Ehre unseres heutigen Songs des Tages zuteil wird. Es ist einerseits ein Manifest der enormen Klasse von Jeff Waters, dass er es schafft, trotz einer Ausfallquote von 20% noch so ein geiles Album zu Stande zu bringen, wie es das 2010er Machwerk ja geworden ist, doch muss es dem Fan wohl auf immer unklar bleiben, warum der Mann mit solchen Radikal-Experimenten sein eigenes Werk immer wieder so in Gefahr bringt. Kreativität beim Songwriting ist zweifellos ein Geschenk, dieses aber sinnvoll in den Dienst der Band zu stellen, eine Kunst, die Jeff Waters mit deutlich weniger Virtuosität beherrscht als sein Gitarren-Griffbrett.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!