Summoning - Stronghold

  • MetalCrew Classic Review: Summoning - Stronghold

    Der MetalCrew Classic Review ist ein Format, in dem wir in unregelmäßigen Abständen klassische Alben unterschiedlicher Metal-Subgenres betrachten und diese aus der Sicht eines Achtziger-Jahre-Headbangers, also eines Genre-Fremden, beurteilen. Vorschläge für in diesem Rahmen zu rezensierende Alben gerne an Simon@metalcrew.eu oder als Direktnachricht.

    Was macht man, wenn die post-österliche Ruhezeit dem Ende entgegen geht und hinter der nächsten Ecke schon wieder der ach so schwere (Studenten-)Alltag lauert? Richtig, man legt nochmal ein Bisschen Musik auf und fertigt einen schon eine Weile überfälligen Review an. Nachdem letztens das Eisregen-Debüt an der Reihe war, fällt der Blick heute in den Schwarzmetall-Sektor, genau genommen auf unsere österreichischen Nachbarn von Summoning und ihre Scheibe "Stronghold". Von vorneherein klar war, dass die Musik von Silenius und Protector keine lockere Beschallung für Zwischendurch sein würde; Summoning stehen nach allgemeinem Verständnis immer für eher schwere Kost. Nichtsdestotrotz habe ich mir in Vorbereitung dieses Reviews auch die drei Alben der Band vor "Stronghold" zumindest je einmal komplett zu Gemüte geführt, um die Band-Geschichte bis zu jenem Punkt wenigstens in den gröbsten Zügen kurz nachzeichnen zu können. Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass das Debüt "Lugburz" noch ein recht typisches Black Metal-Werk war; beinahe etwas bedauerlich erscheint es da, dass die beiden größten Tolkien-Fans Niederösterreichs diesen Pfad mit dem Zweitling "Minas Morgul" zugunsten eines wesentlich getrageneren, epischeren Stils hinter sich ließen. Das Drittwerk "Dol Guldur" führte diesen Weg konsequent fort und lag dann endgültig fernab jeglicher Pfade, die für den traditionellen Metalhead noch als gangbar zu bezeichnen sind. Und nun also "Stronghold", erschienen anno 1999...

    Dieses startet, wie es unter eher atmosphärisch angehauchten Bands beinahe Standard ist, mit einem Instrumental-Stück in seine gut einstündige Spielzeit, welches in diesem Fall auf den Titel "Rhûn" hört und sich in diesem Zusammenhang relativ schnell abhandeln lässt. Es funktioniert als das, was es sein soll, und setzt, sich langsam steigernd, den Ton für die kommenden Darbietungen. Gerade Neulingen gegenüber der Band sei auch in jener Hinsicht empfohlen, das Intro nicht einfach zu skippen, als es einen ersten Einblick in die Klangwelten der Gruppe gibt, insbesondere den extrem unterkühlten Drum- und Schlagwerk-Sound (Summoning verzichten seit "Minas Morgul" auf einen etatmäßigen Drummer und lassen den Takt durch das Keyboard vorgeben). Dieses Klanggewand ist etwas gewöhnungsbedürftig und sicher jedermanns Sache nicht - wer allzu großen Wert auf einen organischen Drum-Sound legt, weiß zumindest an dieser Stelle bereits, dass er nicht weiterzuhören braucht.

    Der erste echte Track hört dann auf den Titel "Long Lost To Where No Pathway Goes" und schon an diesem Punkt des Albums machten Summoning 1999 klar, dass "Stronghold" eine andere Nummer werden würde als seine direkten Vorgänger, stellt doch der Song alles von "Minas Morgul" und "Dol Guldur" deutlich in den Schatten. Die bedeutsamste Neuerung ist hier sicherlich, dass Protector nach den letzten zwei Longplayern offenbar seine Gitarre wiedergefunden hat und mit ihr stellenweise gar den Hauptlast der musikalischen Darbietung trägt. Unter dem Strich bleibt der Grundtenor der Nummer natürlich dennoch sehr episch und Keyboard-geladen, doch findet man einen Härtegrad wieder, der auf den vorigen Alben schmerzlich vermisst wurde, und wartet zudem noch mit einem Refrain auf, dem ein gewisser Wiedererkennungswert nicht fehlt.

    Der folgende Titel, "The Glory Disappears", ist der erste Song des Albums, der textlich nicht erkennbar auf Tolkiens Welten Bezug nimmt, was bei Summoning eindeutig als Ausnahme von der Regel gelten kann. Musikalisch ist das Lied dagegen weniger aufsehenerregend, sondern mäandert ein Wenig monoton hin und her; hätte man schon den Opener locker um zwei Minuten kürzen können, so trifft dies hier auf noch deutlich größere Teile des Songs zu. Ebenfalls negativ fällt über weite Strecken der Gesang von Silenius ins Gewicht. Dieser verwendet auf dem ganzen Longplayer (nicht untypisch für Black Metal) Effekte, um seine Stimme zu verzerren, allerdings werden diese bei verschiedenen Songs in unterschiedlichem Ausmaß angewandt - nicht zum Vorteil von "The Glory Disappears", welches diesbezüglich stellenweise überladen wirkt. Böse, unmenschliche Vocals gehören in diesem Genre sicherlich mit dazu, aber wenn man ständig klingt, als würde man durch zwei Meter Zuckerwatte singen, ist dies doch kaum zielführend.

    Leider ist auch "Like Some Snow-White Marble Eyes" nicht dazu angetan, das Album wieder in Fahrt zu bringen. Online kann man viel Lobpreis für die rhythmischen Finessen dieses Songs lesen, tatsächlich fühlt man sich während des Refrains eher in einem gemächlich schunkelnden Shanty als mit Húrin auf dem Ritt durch Eis und Schnee. Der Rest der Nummer ist recht unspektakuläre Standard-Atmo-Black Metal-Darbietung, was den Track eher im Mittelmaß versumpfen lässt.

    Den Tiefpunkt des Albums findet man freilich erst mit "Where Hope And Daylight Die", auf welchem nicht Silenius, sondern Tania Borsky als Gastmusikerin die gesamten Gesangs-Parts übernimmt. Die Dame sang damals hauptamtlich bei Die Verbrannten Kinder Evas und wenn das dem werten Leser nun überhaupt nichts sagt, so liegt das daran, dass es sich hierbei keineswegs um eine Metal-Kapelle, sondern vielmehr um ein Gothic-Ensemble handelte. Leider lassen sich davon auch (die ohnehin ja recht am Rande des metallischen Sektors musizierenden) Summoning mitreißen und liefern ihrerseits eine mehr oder weniger reine Gothic-Nummer ab. Die Schuld hierfür ausschließlich bei der Gastsängerin zu suchen, wäre freilich nicht ganz fair; Silenius und Protector haben sowohl sowohl vor als auch nach "Stronghold" vergleichbare Nummern auch ohne jeglichen äußeren Einfluss verbrochen und so darf man wohl eher dankbar sein, dass es sich bei diesem Song um den einzigen derartigen Ausfall auf der genannten Scheibe handelt...

    ... zumal für Abhilfe zum Glück recht umgehend gesorgt wird, denn Summoning hatten sich entschlossen, hinter diesen Schnarcher einen der beschwingtesten und hörenswertesten Songs des Albums zu packen. "The Rotting Horse On The Deadly Ground" baut in der Tat ein gewisses Momentum auf und kann den Hörer über die volle Dauer von achteinhalb Minuten unterhalten. Dass dabei auch noch der Refrain ins Ohr geht, mag hauptsächlich daran liegen, dass er gefühlte siebenunddreißigmal wiederholt wird, doch entgegen jeder Logik, nach der ein solcher Song eigentlich komplett in gähnender Langeweile versinken müsste, funktioniert die Chose in diesem Fall tatsächlich.

    Gleiches gilt leider nicht für "The Shadow Lies Frozen On The Hills", den vielleicht durchwachsensten Song des Albums. Gerade der Beginn der Nummer ist sehr zäh, immer wieder setzen die Gitarren komplett aus und überlassen dem Keyboard das Feld. Mit der Zeit steigert sich das Lied ein Wenig und ab Minute fünf kommt der Hörer sogar kurzzeitig in den Genuss eines Ausbruchs der Ursprünglichkeit klassischen Black Metals, doch wird jeder gelungene Part wieder von einem solchen abgelöst, der das Momentum des Songs bis zum Nullpunkt herunterbricht, sodass unter dem Strich keine echte Dynamik aufkommt.

    Das folgende "The Loud Music Of The Sky" kann nachgerade als Blaupause für den musikalischen Stil von Summoning betrachtet werden; sehr langsam und behutsam wird die Nummer aufgebaut, bleibt aber letztlich einen wirklich überzeugenden Nachweis schuldig, auf was genau dieser Aufbau nun eigentlich hinauslief. So können die selbst aufgebauten Erwartungen zuletzt nur bedingt erfüllt werden - als Kuriosum mag es zu notieren sein, dass mit diesem Lied und "The Glory Disappears" ausgerechnet die beiden Songs des Albums, die textlich nicht von Tolkiens Welten erzählen, auch musikalisch die unauffälligsten der Scheibe sind.

    Besser geht die Masche dagegen beim abschließenden "A Distant Flame Before The Sun" auf, vor allem deshalb, weil die gesungenen Passagen dieses Songs wohl die intensivsten des gesamten Albums darstellen dürften. Hier wird eine richtiggehend klaustrophobische Stimmung geschaffen, die selbst Leerlauf-Episoden zwischen den einzelnen Vocal-Einsätzen einigermaßen effektiv zu kaschieren vermag. Zu den absoluten Highlights der Scheibe kann der Closer zwar allein schon deshalb nicht gezählt werden, weil die abschließenden drei Minuten des Liedes mit ihren Filmzitaten besser komplett der Schere zum Opfer gefallen wären, doch steht außer Frage, dass der Silberling auf einer deutlich schlechteren Note hätte zu Ende gehen können.

    Fazit:
    Der Review von "Stronghold" wurde dem Crew-eigenen Rezensenten mit der Implikation vorgeschlagen, dass es sich hierbei um das beste Werk der Band handle. Dem kann sich an dieser Stelle nicht angeschlossen werden, da "Lugburz" seinerzeit einfach als sehr unaufgeregtes, solides Black Metal-Album ohne hochtrabende Ansprüche und mit wesentlich mehr Impulsivität antrat als alles, was die Gruppe später produzierte. Durchaus möglich erscheint es dagegen, dass "Stronghold" von allen Alben, die den typischen Summoning-Stil zelebrieren, das beste darstellt. Diese Hypothese muss mangels Detailkenntnis der Band-Diskographie post 1999 im Endeffekt spekulativ bleiben, scheint aber, basierend auf der punktuellen Kenntnis einzelner Summoning-Songs aus neuerer Zeit, doch einigermaßen wahrscheinlich. Dementsprechend darf "Stronghold" auch Neulingen getrost als erster Berührungspunkt mit den Österreichern ans Herz gelegt werden, auch wenn außer echten Fans des atmosphärischen Black Metals vermutlich kaum jemand einen tieferen Zugang zu dieser Musik finden wird.


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