Letzte Woche waren wir mit dem Traditional Thursday bereits in Griechenland, doch heute darf ich euch in noch entlegenere und exotischere Gefilde entführen. Wer an japanischen Heavy Metal denkt, dem kommen wohl als erstes Loudness in den Sinn; andere Gruppen wie Earthshaker oder Anthem mögen zwar dem Einen oder Anderen namentlich bekannt sein, konnten aber nie die gleiche Öffentlichkeit generieren wie die Herren um Akira Takasaki und das - so ehrlich muss man sein - auch zurecht. Weder im instrumentalen Können noch in Bezug auf das Händchen für feine Songs konnte eine andere Band aus Nippon mit Loudness ernsthaft konkurrieren. Das heißt freilich nicht, dass nicht auch Bands wie die angesprochenen mal einen Hördurchgang wert sein könnten, wie auch unser heutiger Song des Tages belegt.
Anthem kennt man heute vor allem für eine recht epische, Power Metal-lastige Ausrichtung, auf ihrem selbstbetitelten Debüt-Album von 1985, auf dem auch der Song "Warning Action!" enthalten ist, hört man jedoch noch klassischen Heavy Metal. Mastermind der Gruppe ist seit jeher Bassist Naoto Shibata, der sich musikalisch jedoch vornehm im Hintergrund hält. Der Fokus der Darbietung liegt vielmehr auf Hiroya Fukuda an der Sechssaitigen, einem eindeutigen Kind der renommierten frühen japanischen Gitarren-Schule, der in jedem Song des Albums die Hauptlast trägt. Unterstützt wird er von Sänger Eizo Sakamoto, der seine Texte (ein wildes Gemisch aus japanischen und englischen Versatzstücken, das beim erstmaligen Hören etwas verstörend wirken kann) mit einem derartigen Enthusiasmus in die Welt kräht, wie es wohl nur eine Amateur-Band der Achtziger kann. Stilistisch zeigen sich Anthem auf ihrem Debüt ausgewogen und liefern schnelle Banger neben gediegenen Midtempo-Nummern und sogar einigen etwas experimentelleren Ausflügen, die aber immer im Rahmen des Stimmigen und Sinnvollen bleiben. "Warning Action!" gehört als vielleicht bester Song des Albums von diesen drei Gruppen der ersten an; gut, das Mainriff ist ziemlich offenkundig aus der Bridge von Accepts "Fast As A Shark" geklaut, aber wer so einen frenetischen, nach einer Live-Umsetzung geradezu schreienden Refrain schreiben kann, dem sei selbst das verziehen. Denn wer bei diesem Chorus nicht instinktiv die Faust in den Himmel reckt, der sollte wirklich einmal schauen, ob ihm nicht jemand etwas in seine Covid-Impfung gemischt hat. Hier ist Mit-Shouten Pflicht!
