Traditional Thursday #104: Martyr - Speed Of Samurai

  • Einige Monate ist es her, dass wir uns in unserem Traditional Thursday erstmals in die Niederlande aufmachten, um mit Picture die wahrscheinlich erste Metal-Band jenes Landes zu würdigen. Nun landen wir zwar einige Jahre später, räumlich aber fast exakt an derselben Stelle, erneut bei Jantje an, um uns einer Band zu widmen, die zwar vielleicht etwas weniger erfolgreich, sicher aber nicht minder innovativ war als die in der Vergangenheit behandelten Veteranen. Gerade einmal zwanzig Kilometer südlich des Probenraums von Picture gründeten sich nämlich 1982 Martyr, die ihrerseits mit beträchtlichem musikalischem Potential glänzen konnten. Selbiges stellte das Quintett 1985 erstmals zur Schau, als man sein Debüt-Album "For The Universe" auf den Markt warf. Der hierauf dargebotene Stil lehnt sich in gewisser Weise an die deutsche Szene an, insoweit als man klassischen, rauen Heavy Metal mit einer deutlichen Speed-Schlagseite ablieferte; doch hatten Martyr eine Sonderzutat in der Hinterhand, die in dieser Zeit bei den östlichen Nachbarn wie auch in ganz Europa noch weitgehend unbekannt war. Ihr Name: Power Metal!

    Mit diesem Begriff ist hier natürlich der ursprüngliche Power Metal, heute auch als US-Power Metal bekannt, gemeint (nur der zeitlichen Einordnung halber sei erwähnt, dass Helloween, die ja mit ihren "Keepers..."-Alben von der Presse vielfach als "Erfinder des europäischen Power Metals" bejubelt werden und das Genre innerhalb der Metal-Gemeinde seinerzeit nachhaltig in Misskredit brachten, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "For The Universe" noch nicht einmal ihr Debüt in den Regalen hatten). Der US-Power Metal seinerseits war in den USA zwar durch frühe Vertreter unter der Führung von Riot an sich schon länger im Umlauf gewesen, jedoch erst wenige Monate vor dem Martyr-Debüt zu einer echten Bewegung geworden; man mag sich also vorstellen, auf welch' heißen neuen Trend diese Utrechter hier umgehend aufsprangen! Und in der Tat waren auch die musikalischen Mittel, die Martyr zur Verfügung standen, denen ihrer transatlantischen Genre-Kollegen durchaus ebenbürtig (als Vergleich mag hier das Chastain-Debüt dienen, das im gleichen Jahr erschien wie "For The Universe" und ja in unserem Traditional Thursay ebenfalls schon behandelt wurde). Besondere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang das Spiel von Basser Antoine van der Linden, der nicht nur im Mix ungewöhnlich stark im Vordergrund steht, sondern auch einen innovativen und immer sehr stimmigen Stil findet und in vorzüglicher Weise mit den Gitarren harmoniert. Dieselben wiederum ergänzen einander sehr gut und lassen bei aller (für die Zeit durchaus beachtenswerten) Härte ein Händchen für feine Melodien, Breaks und Übergänge nie vermissen. Sänger Gerard Vergouw garniert diese Untermalung mit einigen gelungenen Falsetto-Passagen, bewegt sich sonst aber eher im mittleren Ton-Segment.

    Wie so oft steht man damit am Ende eines Traditional Thursday vor der Frage: Warum hat es für eine Band mit solchen Anlagen letztlich doch nicht zu mehr als einem Nischen-Dasein gereicht? Nun, abgesehen davon, dass Martyr zu den vielen Bands zählen, denen letztlich einfach eine nennenswerte Szene fehlte, die der Gruppe hätte Rückhalt geben können, mag man vielleicht eine Ursache auch im geringen Umfang von "For The Universe" sehen. 28 Minuten Spielzeit waren für ein Werk, das als Longplayer verkauft wird, schon in den Achtzigern eher mau und gerade als junge Band, die sich mit ihrem ersten Studio-Album etablieren möchte, scheint es eher unverständlich, weshalb man eine bessere EP mit nur sieben Songs auf den Markt bringt, von denen dann auch noch zwei für In- und Outro aufgewendet werden. Von den fünf vollwertigen Tracks der Scheibe schwankte ich für meine Auswahl zum Song des Tages zwischen dem Opener "Speed Of Samurai" und dem Instrumental "The Eibon"; letztlich entschied ich mich für ersteres, um der Allgemeinheit die teilweise durchaus hörenswerten Schreie von Gerard nicht vorzuenthalten; wem dieser Song nun gefällt, dem sei das Instrumental-Stück dennoch ans Herz gelegt.

    Für Martyr war freilich mit "For The World" das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Ein Jahr später erschien der Nachfolger "Darkness At Time's Edge", der ebenfalls überzeugte, das hohe Niveau der Debüt-Scheibe aber nicht ganz halten konnte. Danach wurde es still um die Gruppe, ehe man sich anno 2005 reformierte. Wie so oft in solchen Fällen war allerdings vom Line-Up der großen Alben der Achtziger nur noch ein Mitglied, in diesem Fall Gitarrist Rick Bouwman, von der Partie und auch die musikalischen Erzeugnisse der jüngeren Zeit waren eher zweifelhafter Natur, sodass man Martyr wohl am besten für ihre Werke der klassischen Phase in glücklicher Erinnerung behält.

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