Kotzer der Woche #104: Metallica - Sweet Amber

  • Komm, irgendeiner muss es ja mal machen. Über einhundert Ausgaben, knapp zwei Jahre sind seit der Einführung unseres Kotzers ins Land gezogen und irgendjemand muss sich jetzt endlich mal mit dem Elephanten im Raum befassen, der da den Namen "St. Anger" trägt. Und da der Kollege Stiglmayr dieses katastrophale Machwerk ja aus unerfindlichen Gründen gar nicht so übel findet und Kunz sich ja vor einiger Zeit schon recht tapfer mit dem "Lulu"-Fiasko auseinandergesetzt hat, wird "irgendjemand" entsprechend wohl meine Wenigkeit sein. Also gut, flugs das Beißholz aus der Schublade geholt und zwei bis drei Flaschen Beruhigungs-Met bereitgestellt, und los geht der wilde Ritt...

    Nun, wie leitet man auf dieses Album am besten hin...? Anfang der 2000er Jahre hatten Metallica ihre bis heute viel rezipierte Kontroverse mit Napster, im Zuge derer die Ex-Thrasher die Online-Tauschbörse verklagten und ihr effektiv mehr oder weniger den Stecker zogen. Um aber ganz sicher zu gehen, dass ihre Werke auf keinen Fall weiterhin kostenlos im Internet gehandelt würden, entschloss sich die Band, ein Album zu veröffentlichen, das so abgrundtief schlecht wäre, dass mit Sicherheit niemand auf die Idee käme, es sich freiwillig anzuhören. An dieser Stelle könnte ich diesen Kotzer eigentlich schließen, denn die weitere Geschichte von "St. Anger" ist ohnehin jedem bekannt. Da es mir aber nicht gestattet ist, gleich ein komplettes Album zum Kotzer zu ernennen (auch wenn das eigentlich die einzig gerechte Entscheidung wäre), sehe ich mich im Sinne einer pflichtbewussten Erfüllung der mir kraft meines Amtes zugewachsenen Aufgaben dazu genötigt, in jeden Song dieses Musik gewordenen Schlaganfalls zumindest auszugsweise noch einmal hineinzuhören, um auch wirklich die schlechteste Darbietung für diesen Kotzer auszuwählen.

    Wir beginnen also mit "Frantic". Joa, das wäre auf jeden Fall eine mehr als passable Wahl. Der Drum-Sound schockt den Hörer auch nach Jahren noch, selbst wenn man eigentlich vorher weiß, was Einen erwartet; bei den ersten Schlägen der Snare hat mein Hamster Suizid begangen.
    Es folgt der Titeltrack: ebenfalls eine grauenhafte Darbietung, obwohl ich aus vergangener Erfahrung weiß, dass die Nummer noch den "stärksten" Song des ganzen Albums darstellt; unglaublich, aber wahr...
    "Some Kind Of Monster": Eine für dieses Album typische Ein-Riff-Nummer, die endlos vor sich hin zockelt und dabei ungefähr so viel Druck aufbaut wie der durchgebissene Gartenschlauch hinter meinem Haus.
    "Dirty Window": Die erste Flasche Met ist leer.
    "Invisible Kid": "Ooh, what a good boy you are..." Ein Song, der in bemerkenswerter Art und Weise von James' Vocals ruiniert wird. Wenn ich so singe, dass neben mir Ville Valo wie die strahlende Lebensfreude klingt und Der Graf von Unheilig wie ein hyperaktives Eichhörnchen auf Extasy, dann sollte ich es vielleicht einfach bleiben lassen.
    "My World": Eine weitere Nummer, die sich damit genügt, etwa drei Stunden lang auf dem gleichen einfallslosen Riff herumzureiten. Man will den Hörer ja nicht überfordern...
    "Shoot Me Again": Unglaublich - was für eine Gurke! Justin Bieber hätte den Song nicht besser zersingen können, darauf verwette ich meine Manowar-Fan-Fellunterhose!
    "Sweet Amber": Schluss! Aus! Es reicht! Ich habe wirklich versucht, diese Grütze mit Selbstbeherrschung zu ertragen, aber an einem gewissen Punkt muss ich auch auf meine seelische Gesundheit achten. Und das hier, was auch immer es darstellen soll, ist schlicht und einfach unerträglich!

    Daher hier das Fazit nach acht von elf Songs: Dass es Metallica (auch oft selbstverschuldet) nicht immer leicht hatten in ihrer Karriere, das wird niemand in Abrede stellen wollen, und insbesondere die Neunziger waren auch einfach eine schwere Zeit für den Metal; es gibt genügend Bands, die sich in dieser Phase nicht eben lobenswert hervorgetan haben. Aber noch im Jahr 2003, als das Thrash Metal-Revival durchaus bereits Fahrt aufnahm und man kein Prophet sein musste, um zu sehen, dass es mit dem Genre langsam wieder bergauf ging, eine derartige Arschbombe loszulassen, dass sich der Hörer danach stundenlang auf keinen Stuhl mehr setzen kann, weil ihm selbst die Gesäßhaare zu Berge stehen, ist eine Leistung, die sich eigentlich jeglicher rationalen Kritik entzieht. In diesem Sinne lasse ich die Musik für sich sprechen und liefere euch auf eigene Gefahr "Sweet Amber" als Kotzer der Woche. Wer wahlweise sehr mutig oder sehr masochistisch veranlagt ist, kann ja mal reinhören, sollte dann aber darauf achten, keine scharfen Gegenstände in seiner Reichweite zu haben, mit denen er sich im Affekt die Pulsadern aufschneiden könnte. Ich selbst lasse mich jetzt erst mal zwei Wochen krank schreiben und hoffe, dass ich bis dahin auch wieder ohne Alpträume schlafen kann.

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