• Review: Iced Earth - Incorruptible:

    In schöner Regelmäßigkeit legen Iced Earth mittlerweile alle drei Jahre ein neues Album vor - ein Rhythmus, der lobenswerterweise trotz zwischenzeitlicher gesundheitlicher Probleme seitens Jon Schaffer beibehalten wurde - und so war es nur folgerichtig, dass nach dem letzten Output 2014 nun mit "Incorruptible" Album Nummer zwölf der wohl bekanntesten Band des amerikanischen Power Metal-Sektors auf dem Seziertisch (beziehungsweise im CD-Player) landet. Ebenfalls lieb gewonnene Tradition ist es ja auch, dass Mastermind Jon Schaffer keine zwei Alben mit dem gleichen Personal aufnimmt und so geben auch auf dieser Scheibe wieder die Herren Jake Dreyer (Gitarre) und Brent Smedley (Drums) ihren Einstand. Dabei handelt es sich bei letzterem um einen alten Bekannten, der schon Ende der Neunziger auf "The Dark Saga" und "Something Wicked This Way Comes" zu hören war, letzterer ist dagegen eher ein unbeschriebenes Blatt, der bestenfalls einigen in seiner Rolle als ex-Member bei White Wizzard ein Begriff sein könnte. Also im Prinzip alles beim Alten bei den Amis?

    1. Great Heathen Army:
    Der Opener lässt auf jeden Fall darauf schließen. Hymnisch geht es los, ehe sich der Song zu einer relativ rabiaten Nummer mausert, die mit jedem Hören mehr Laune macht und für mich schon jetzt das Highlight des Albums ist. Der Track geht mit starker Rhythmusarbeit nach vorne und weckt dabei Assoziationen an Großtaten wie "Burnt Offerings". Lediglich der Text, in dem ein Wikinger-Thema behandelt wird, ist für die Band etwas ungewohnt, passt aber ausgezeichnet zur musikalischen Ausrichtung. Richtig stark!
    9/10 Punkte

    2. Black Flag:
    Auch Track Nummer zwei schlägt lyrisch nicht ganz in die typische Iced Earth-Kerbe - diesmal geht es um Piraten -, ist aber musikalisch eine ganz typische Nummer der Amis mit Stu als Sänger. Ein ruhiger Beginn, der danach in einen recht epischen Song übergeht - das Stück hätte auch auf jedem der beiden letzten Alben stehen können. Stu selbst liefert übrigens einmal mehr eine erstklassige Leistung ab, zeigt sich ausgesprochen vielseitig und hat sich wohl inzwischen den Status erarbeitet, der beste Frontmann zu sein, den Iced Earth haben können, nachdem Matt Barlow ja mittlerweile wohl endgültig raus ist.
    8/10 Pkt.

    3. Raven Wing:
    Wie schon der Opener war ja auch dieser Track schon vorab zu hören gewesen. Die Nummer strukturell ist nach dem gleichen Muster gestrickt wie "Black Flag", wobei im Zweifel die ruhigeren Parts mehr Raum einnehmen, fällt für mich aber im Vergleich etwas ab. Zwar ist das ganze alles andere als schlecht gemacht, aber das Stück zieht ein wenig am Hörer vorbei, ohne wirklich hängen zu bleiben. Eher nur ein Lückenfüller.
    6/10 Pkt.

    4. The Veil:
    Der Track, der in den ersten Fan-Reaktionen kollektiv am schlechtesten bewertet wurde, was ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann. Natürlich ist das hier eine weitere Nummer nach Schema F, die allerdings eigentlich deutlich stärker ist als die vorhergehende. Ebenfalls vergleichsweise ruhig gehalten, verfügt dieser Song aber über die bedeutend besseren Melodieläufe und bleibt doch deutlich eher im Gedächtnis haften. Alles in allem also ziemlich genau das, was ein Iced Earth-Fan zum Glücklichsein braucht.
    8/10 Pkt.

    5. Seven Headed Whore:
    Die wohl härteste Nummer der Scheibe, die als Abwechslung hier zu einem Zeitpunkt, an dem das Album in den standardisierten Bahnen etwas langweilig zu werden drohte, wirklich gut kommt. Kurz, knackig und mit einem starken Gitarrensolo von Jake, der auf dem ganzen Scheibchen einen mehr als beachtenswerten Job abliefert, hat man hier einen weiteren echt starken Track!
    7/10 Pkt.

    6. The Relic (Part 1):
    Dass es sich hier um Part 1 handelt, legt ja nahe, dass wir in den nächsten Jahren nochmal etwas in ähnlicher Art zu hören bekommen werden. Hätte es, wie ich ehrlich sagen muss, andere Nummern gegeben, zu denen ich mir eher eine Fortsetzung gewünscht hätte. Nicht, dass das hier schlecht wäre, man kann sich die Nummer absolut anhören, aber letztlich hat man es hier doch mit einem der unauffälligsten Songs des Albums zu tun, der mit dem Gros der anderen Nummern schwerlich mithalten kann.
    5,5/10 Pkt.

    7. Ghost Dance (Awaken The Ancestors):
    Das Instrumentalstück des Albums. Nun bin ich ja eigentlich kein großer Fan solcher Nummern, grade bei Iced Earth waren in der Vergangenheit aber immer wieder wirklich ordentliche Tracks dabei. Der "Ghost Dance" dagegen überzeugt leider nur eingeschränkt. Klar, das musikalische Niveau aller Beteiligten steht außer Frage, aber der Versuch, das ganze irgendwie indianisch zu gestalten, geht dann doch nach hinten los. Atmosphärisch wirkt das ganze leider gar nicht, erinnert stellenweise eher an Nightwish's "Creek Mary's Blood" - einen der größten Nerv-Songs dieser Truppe überhaupt. Ganz so dicke kommt es für Jon Schaffer und seine Jungs dann doch nicht, aber als Highlight kann man dieses Instrumental sicher auch nicht werten.
    5,5/10 Pkt.

    8. Brothers:
    Über den Song meinte Jon mal, er solle die Verbrüderung zwischen ihm selbst und Stu besingen. Eine schöne Geste innerhalb einer Band, in der Mr. Schaffer seine Mitmusiker öfter wechselt als seine Socken. Auch musikalisch kann der Track überzeugen, eine weitere typische Iced Earth-Nummer, auch wenn man auf die sonst üblichen Spielereien an der Rhythmusgitarre weitestgehend verzichtet, was dem Stück ein gewisses Plus an Straightness verleiht, das durchaus zu gefallen weiß.
    7/10 Pkt.

    9. Defiance:
    Wem der letzte Track dann doch etwas zu simpel gewesen sein sollte, der dürfte spätestens hier wieder auf seine Kosten kommen. Eine weitere starke Nummer mit dem typischen von Maiden inspirierten Riffing, mit dem Jon die Band bekannt gemacht hat. Starker Track!
    7/10 Pkt.

    10. Clear The Way (December 13th, 1862):
    Der vierte Track, der schon vor der Veröffentlichung des Albums zu hören war - Nummer drei war "Seven Headed Whore" - und definitiv der Ausfall des Albums. Iced Earth hatten ja schon immer ein Faible für Nummern mit Überlänge und momentan ist es ja eh furchtbar en vogue, sich auf diese Weise selbst ein Denkmal zu setzen. Dagegen ist jetzt prinzipiell gar nichts einzuwenden, aber die Nummer weckt mit ihrem einfallslosen und zahnlosen Riffing direkt Erinnerungen an das lahme "The Dark Saga"-Album. Auch die verschiedenartigen musikalischen Ausflüge in ganz fremde Gefilde mögen, wenn man das Thema des Songs betrachtet, durchaus Sinn machen, aber letzten Endes ist das hier nun mal ein Metal-Album und kein Computerspiele-Soundtrack. Hätte man die Nummer auf ein Drittel der Laufzeit eingedampft, sähe das ganze vielleicht anders aus, so bleibt aber ein mehr als überflüssiger Track, der das eigentlich wirklich starke Album noch mal ein wenig abwertet.
    3,5/10 Pkt.

    Fazit:
    Denn ein durchaus starkes Album ist es, was Iced Earth mit "Incorruptible" einmal mehr vorgelegt haben und bei dem der Ausfall "Clear The Way (December 13th 1862)" durch die durchschnittlich starken Nummern sowie den Hit "Great Heathen Army" mehr als ausgeglichen wird. Dennoch erreicht man das Niveau eines echten Klassikers wie "Dystopia" oder eines epischen und mit jedem Hördurchgang wachsenden Albums wie "Plagues Of Babylon" diesmal nicht ganz und auch Jons vollmundige Ankündigung, das Album werde sich einen Platz unter den echten Band-Klassikern sichern, scheint etwas zu hoch gegriffen. Hierfür sind dann einige Nummern doch etwas zu beliebig und rauschen einfach am Hörer vorbei. Allerdings ist das Album, obwohl das schwächste mit Stu als Sänger, wie gesagt auf keinen Fall ein Ausfall und wer ein Fan dieser Musik ist oder auch nur wissen möchte, wie richtig guter und solider Power Metal wirklich klingt, der kann auch hier bedenkenlos zugreifen.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!