The Rise Of Chaos

  • Review: Accept - The Rise Of Chaos:

    Wenn Accept ein neues Album vorlegen, steht eigentlich schon fest, dass es sich dabei um eines der Highlights des Jahres handeln wird. Seit der Reunion war jedes neue Werk aus der Solinger Stahlschmiede von herausragender Qualität, keine andere Band schreibt dieser Tage beständiger Hit um Hit. Die Vorzeichen für den "The Rise Of Chaos" betitelten vierten Longplayer mit Frontreibeisen Mark Tornillo hätten allerdings besser sein können. Nicht nur musste man mit Hermann Frank und Stefan Schwarzmann zwei Mitglieder ersetzen, letzteren dazu noch durch den völlig unbekannten Christopher Williams, auch die vorab veröffentlichten Nummern machten nicht unbedingt Hoffnung. Der Titeltrack war bei den ersten Hördurchläufen ganz nett, letzten Endes aber doch sehr 08/15 Accept und "Koolaid" war sogar auf ganzer Linie spannungslos. Aber dazu später mehr. Wir beginnen unseren Review mit...

    1. Die By The Sword:
    Die Nummer beginnt relativ episch und mausert sich dann zu einem flotten Banger mit einem starken Riff aus den Fingern von Wolf. Die Nummer erinnert ein wenig an den zu Unrecht viel gescholtenen Opener des letzten Albums "Stampede", geht aber weniger rauhbeinig und rüde zu Werke. Ein Song, der schon zu Beginn des Albums eventuell vorhandene Zweifel an der Qualität von Accept anno 2017 ausräumt und einen melodischen Hit der Extraklasse darstellt.
    8/10 Punkte.

    2. Hole In The Head:
    Hier wird jetzt der Fuß etwas vom Gaspedal genommen, was der Qualität des Materials aber überhaupt keinen Abbruch tut, im Gegenteil. Langsam und mahlend, aber trotzdem mit einem feinen Näschen für Harmonien und Melodien insbesondere im Refrain läuft die Nummer unaufhaltsam voran. Allgemein versuchen Accept soweit keine großen Experimente, sondern verlassen sich auf ihre althergebrachten Tugenden, wobei man das gesamte Album vielleicht als eine Spur melodiöser bezeichnen könnte als seine Vorgänger.
    8/10 Pkt.

    3. The Rise Of Chaos:
    Der Titeltrack, der inklusive zugehörigem Video ja schon vorab zu hören war. Handwerklich gibt es hier natürlich nichts zu mäkeln, wie schon angesprochen wirkt das ganze aber doch sehr durchschnittlich für Wolf und seine Truppe und so erscheint es etwas unverständlich, warum ausgerechnet diese Nummer vorab ausgekoppelt wurde. Das Mainriff ist in jedem Fall das unspektakulärste, was das Album bis zu diesem Zeitpunkt bereit gehalten hat und so fällt auch der gesamte Song etwas ab.
    5,5/10 Pkt.

    4. Koolaid:
    Auch zu dem Track wurden ja im Vorwort schon einige Zeilen verloren und auch diese Nummer präsentiert sich nicht wirklich auffälliger als der letzte. Der Song ist typisch Accept der entspannteren Sorte mit einem ganz interessanten textlichen Thema, wo man sich wohl mal von den Kollegen von Manowar hat inspirieren lassen ("Guyana" anyone?). Ansonsten kann man nur gebetsmühlenartig wiederholen, dass die hier bemängelten Aspekte natürlich nicht von einer musikalisch schlechten Leistung herrühren und dass fünfundneunzig Prozent aller Bands wohl froh wären, je eine solche Nummer zu schreiben, aber bei einer Gruppe wie Accept darf man ja schon mal einen etwas strengeren Maßstab anlegen.
    5,5/10 Pkt.

    5. No Regrets:
    Hier geht es wieder etwas rabiater und dreckiger zur Sache, der Wechsel zwischen härteren und ruhigeren Nummern wird also beibehalten. Bei diesem Song kann Mark seine Stimme wirklich voll zur Geltung bringen und zeigen, dass er nicht nur in den hohen Tonlagen Udo beinahe vergessen machen kann, sondern auch als sehr variantenreich und melodisch glänzt. Eine weitere ganz starke Nummer, die das Album nach den letzten zwei Durchhängern wieder in Fahrt bringt.
    8/10 Pkt.

    6. Analog Man:
    Ein in gleich mehreren Hinsichten interessanter Song. Textlich entdeckt die Band hier wohl ihre selbstironische Seite und wendet sich mit einem Augenzwinkern dem Thema des digitalen Zeitalters zu. Musikalisch stiehlt man hier allerdings recht offensichtlich bei sich selbst, genauer genommen bei "Balls To The Wall". Das kann man jetzt als "starke Verneigung vor dem Klassiker" (O-Ton Sebastian Kessler vom MetalHammer) ansehen, oder als recht dreiste Kopie. Aber letzten Endes tut das auch nicht viel zur Sache, wenn das Endergebnis so geil klingt.
    8/10 Pkt.

    7. What's Done Is Done:
    Weniger kontrovers dürfte da schon der folgende Track zu bewerten sein. Flott, erneut aufgebaut auf einem starken Riff - man möchte fast von einem durchschnittlichen Song sprechen, auf einem Album, auf dem außergewöhnlich starke Tracks der Normalfall sind. Die typischen Accept-Trademarks werden hier jedenfalls wieder einmal geboten, herauszuheben wäre vielleicht noch der Refrain, der einmal mehr eine Extra-Portion Epicness bietet; hier könnte sich ein Großteil der Power Metal-Bands ein Beispiel nehmen, wie man trotz starker Melodien nicht in den Kitsch abrutscht. Stark!
    7/10 Pkt.

    8. Worlds Colliding:
    Wo wir grade schon bei getragenen, majestätischen Klängen sind, legt dieser Track hier diesbezüglich beinahe nochmal eine Schippe drauf. Ansonsten gibt es auch hier wieder keine Kritikpunkte, Accept 2017 sind wie eine gut geölte Maschine und reihen eine starke Nummer an die nächste, die sich letztlich qualitativ nur in Nuancen unterscheiden und als Rezensent kann man schon mal daran verzweifeln, hier ernsthafte Schattenseiten zu finden.
    7/10 Pkt.

    9. Carry The Weight:
    Der vermutlich schwächste Track der Platte. Eine schnelle, beinahe etwas hektische Nummer mit einem erneut recht melodiösem Rafrain, die allerdings nicht wirklich hängen bleibt. Erneut ist das ganze allerdings musikalisch gut gemacht, Christopher kann Stefan hinter den Drums absolut gleichwertig ersetzen und man fragt sich, aus welchem Hut die Solinger diesen Herrn eigentlich gezaubert haben. In jedem Fall ist der Kerl ein Glücksfall für die Band, denn einen Stefan Schwarzmann ersetzt man nicht mal eben im Vorbeigehen.
    5/10 Pkt.

    10. Race To Extinction:
    Ein Bisschen schleicht sich dann allerdings schon der Eindruck ein, dem Scheibchen würde gegen Ende die Luft ausgehen. "Race To Extinction" ist zwar etwas eingängiger als die letzte Nummer und natürlich pathosgeladen bis zum Geht-nicht-mehr, aber auf das gesamte Album gesehen handelt es sich doch um einen der schwächeren Tracks. Großartig wie immer ist natürlich die Gitarrenarbeit, wo ja Wolf schon seit Urzeiten im Studio sämtliche Spuren einspielt, von Uwe hört man also auf dem ganzen Album keinen Ton, ebensowenig wie auf den letzten Outputs von Hermann. Für die Konstanz der Band und ihres Klanges ist das natürlich positiv, wobei es andererseits auch etwas schade ist, dass so ein bewährter Gitarrist quasi nur eine Live-Ergänzung darstellt.
    6/10 Pkt.

    Fazit:
    Wo ist der (zukünftige) Klassiker Nummer vier der Tornillo-Ära jetzt einzuordnen? Nun, die letzten Accept-Machwerke zu ordnen ist ungefähr so ergiebig wie die Frage, welcher der beste AC/DC-Frontmann sei; es ist letztlich einfach Philosophie-Sache. Für mich bleibt "Blood Of The Nations" ungeschlagen, denn für dieses Level fehlen dem neuen Album dann doch ein oder zwei echte Über-Hits, die auch auf diesem Album noch einmal herausstechen würden, "The Rise Of Chaos" reiht sich aber noch vor "Stalingrad" und in etwa auf einer Stufe mit dem direkten Vorgänger "Blind Rage" ein. Festhalten lässt sich allerdings, dass die anfänglichen Sorgen um das Album völlig unbegründet waren und wohl nur Nuclear Blast, denen man schon einen seltsamen Geschmack bei der Auswahl der Vorab-Songs unterstellen muss, zuzuschreiben sind. Die Band dagegen kann die hohen Erwartungen einmal mehr erfüllen und liefert ein Machwerk, das wohl wieder einmal nicht als stärkstes des Jahres zu verdrängen sein dürfte.

    Strapped on the table
    The operation begins
    Caught in the fable
    The doctor is in...

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