Beiträge von Dr. Sin

    Bedingt durch zeitliche Nöte des Verfassers dieser Zeilen gibt es heute einmal wieder einen Genre-Klassiker zum Traditional Thursday, der nicht vieler einführender Worte bedarf. Judas Priest waren in dieser Kategorie und auch in den Songs des Tages allgemein schon lange nicht mehr vertreten und so kann es nur recht sein, einmal wieder einen ihrer Songs aufs Tableau zu bringen.

    Die "Defenders Of The Faith"-Scheibe von 1984 gehört ohne Zweifel zu den absoluten Klassikern der Judas Priest-Diskographie. Mitunter steht die Platte dennoch im Schatten des Jahrhundertalbums "Screaming For Vengeance", welches die Priester zwei Jahre zuvor veröffentlicht hatten, was auch daran liegen mag, dass es "Defenders..." ein wenig an dem einen echten Überhit mangelt. Dafür erhält der Fan hier ein überaus ausgewogenes, durchgehend hochklassiges Machwerk, das erst auf den letzten sieben/acht Minuten mit einigen "nur" guten Songs aufwartet. Gerade die erste Hälfte der Scheibe ist aber eine echte Macht, die in Sachen Härte nicht ganz an den Vorgänger heranreicht, dies aber durch eine gewisse untergründige Düsternis wettzumachen versteht. Es war denn auch keine leichte Aufgabe, den passenden Song für unsere heutige Vorstellung auszuwählen, doch denke ich, mit "Rock Hard Ride Free" unter mehreren guten Optionen die beste gefunden zu haben. Der Track balanciert gekonnt die gedämpfte Grundstimmung mit einer ungehemmt rockenden Attitüde und verfügt überdies über einige der hörenswertesten Melodieläufe, die die Priester überhaupt im Repertoire haben - begonnen schon mit dem genialen Melodiebogen, der das Stück eröffnet. Ein wahrer Ohrenschmaus!

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Review: Raven - All Hell’s Breaking Loose

    Gespannt durfte man durchaus sein auf die neue Scheibe der NWoBHM-Veteranen von Raven, die nach dreijähriger Wartezeit jüngst in die Plattenläden kam. Immerhin hatte der sympathische Briten-Dreier nach der Hereinnahme von Mike Heller als Drummer 2020 mit "Metal City" ein großartiges Spätwerk veröffentlicht, das sämtliche Outputs der Band seit dem Ende der Achtziger in den Schatten zu stellen verstand. Und die Hoffnungen auf eine Fortsetzung waren groß, denn schon rein optisch schloss "All Hell’s Breaking Loose" mit seinem quietschbunten, herrlich bekloppten Albumcover zielgenau an den Vorgänger an. Fliegende Untertassen, Tentakelmonster und ein Laser-Kettensägen-Dinosaurier, alle angeordnet um das heroisch in der Bildmitte posierende Musikertrio - count me up!

    Und die hohen Erwartungen können vollends erfüllt werden, denn Raven lassen mit ihrem fünfzehnten Studiowerk überhaupt nichts anbrennen. Schon der Opener "Medieval" geht nach einem kurzen, für die Band beinahe untypischen Einstiegsteil umgehend in die Vollen, um dem Hörer mit einem hysterisch eskalierenden Pre-Chorus schon direkt zu Beginn sämtliche Synapsen zu zerfetzen, ehe ein Refrain folgt, der so auch direkt aus "All For One"-Zeiten stammen könnte. Das folgende "Ride The Tsunami" geht in Sachen Tempo minimal moderater zu Werke, bleibt aber fest im Speed Metal verortet und wartet mit einem absoluten Sahne-Refrain auf, dem wohl nur Tote widerstehen können, ohne die Faust gen Himmel zu reißen und mitzushouten. Genau zwei Stücke brauchen Raven, um buchstäblich alles von der Bildfläche zu fegen, was im Grenzbereich zwischen Speed und Heavy Metal in der letzten Zeit veröffentlicht wurde, und die nächstfolgenden Songs spielen durchaus in derselben Liga wie die anfänglichen Brecher.

    Tatsächlich nimmt "All Hell’s Breaking Loose" zur Albummitte sogar noch einmal Fahrt auf. "Desperate Measures" geht mit Brutalo-Drumming voll auf die Zwölf und steht damit in der Nachfolge von "Human Race", dem vielleicht stärksten Song auf der "Metal City"-Scheibe. "Victory’s Call" dagegen gestaltet sich unverschämt melodisch, ohne dabei auch nur einen Iota an mitreißendem Speed zu opfern. Gerade John Gallagher macht gesanglich auch mit Mitte Sechzig noch eine selbst in höchsten Tonlagen beeindruckende Figur und schafft es gleichzeitig noch, seinem Bassspiel eine außergewöhnliche Präsenz zu verleihen. Sicher, der Tieftöner war im Soundbild von Raven schon immer einigermaßen prominent, nicht zuletzt bedingt dadurch, dass die Band eben nur über eine Gitarre verfügt, aber in der Frequenz der Bass-Leads scheint "All Hell’s Breaking Loose" doch den meisten anderen Outputs der Gruppe noch einmal etwas voraus zu haben. Daneben hat natürlich auch Youngster Mike Heller wiederum großen Anteil am Gelingen der Scheibe als Gesamtwerk. Sein Drumming ist an Energie und Momentum kaum zu überbieten und hebt die musikalische Darbietung insgesamt auf ein ganz neues Niveau.

    Das Einzige, was man auf "All Hell’s Breaking Loose" vergeblich sucht, ist einer jener Sechs- bis Siebenminüter, wie sie die Briten sonst gerne als Ausgleich zu ihrem sonstigen Athletic-Rock-Feuerwerk auf ihren Alben placieren; allerdings lässt sich hierzu anmerken, dass "When Worlds Collide" vom letzten Longplayer dort einen der unauffälligeren Tracks darstellte und dass auf dem aktuellen Werk der Refrain von "The Far Side" zumindest ein angemessen apokalyptisches Feeling erzeugt.

    Fazit:

    Mit Album Nummer fünfzehn sind Raven den hohen Ansprüchen einmal mehr gerecht geworden. Nach "Metal City" von 2020 verteidigt das Trio seinen Status als diejenige NWoBHM-Band, die sich aktuell der besten Form erfreut, unter anderem gegen Tygers Of Pan Tang und ja, auch die letzte Satan-Scheibe muss gegen "All Hell’s Breaking Loose" hintanstehen. Dieser Longplayer ist die Vollbedienung für jeden Speed-Freak und wird in der Diskussion um das Album des Jahres ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Es ist heutzutage keine Minderheitenmeinung, sondern durchaus konsensfähig, zu behaupten, Death Angel gehörten mindestens zum erweiterten Kreise der qualitativ stärksten Thrash Metal-Bands aus den Vereinigten Staaten - und wenn man einmal einen Blick auf diejenigen ihrer Alben wirft, die heute als ihre stärksten bezeichnet werden, dann wird man kaum umhin kommen, sich dieser Meinung anzuschließen. Andererseits gerät es bei einer solchen Betrachtung leicht in Vergessenheit und ist dann eine recht ungewohnte Erkenntnis, wenn man der Tatsache gewahr wird, dass der größte Teil dieses starken Materials erst in den letzten fünfzehn Jahren, in der Spätphase von Death Angels Karriere, veröffentlicht wurde.

    Nun kann man sicher einwenden, dass das Debut "The Ultra-Violence" von 1987 ein Klassiker war und vielleicht bis heute die stärkste Scheibe der Band darstellt. Doch schon der Zweitling "Frolic Through The Park" gestaltete sich als höchst mittelmäßige bis langweilige Angelegenheit und "Act III" schließlich, die letzte Platte der Gruppe vor ihrer zwischenzeitlichen Auflösung, stellte eine absolute Katastrophe dar. Schon damals Lieblinge des Feuilletons, hatten sich Death Angel vollends dem Unternehmen verschrieben, ein möglichst reifes, künstlerisch wertvolles Album aufzunehmen - und dabei den Thrash Metal vollends über Bord geworfen. Beweisstück A sei hierfür das hier angeführte "Discontinued" - vielleicht der schlimmste Tiefpunkt auf einer an Enttäuschungen reichen Scheibe. Dennis Pepa führt schon fünfundzwanzig Jahre vor Havoks "Conformicide" eindrucksvoll vor, wie man auf einer Thrash Metal-Platte nicht Bass spielen sollte, zeigt damit aber eigentlich doch nur das tieferliegende Problem auf, dass nämlich der ganze rhythmische Grundaufbau des Songs völlig missraten ist. Wer einen Weg gefunden hat, zu diesem Beat zu headbangen, der möge sich beim Verfasser dieser Zeilen melden, der nämlich an just dieser Fragestellung schon seit Jahren scheitert. Es ist mir denn auch bis heute völlig unklar, was die Band mit diesem Song insgesamt bezwecken wollte. Weder ist er eingängig, noch macht er Laune und mit Thrash Metal hat er ganz sicher auch nichts zu tun.

    Es ist dementsprechend kaum überraschend, dass "Act III" das zwischenzeitliche Ende für Death Angel bedeutete. Zurück meldete man sich erst Anfang der 2000er, als man wiederum immerhin noch zwei vergebliche Anläufe brauchte, ehe man 2010 erstmals seit über zwanzig Jahren wieder etwas wirklich Erwähnenswertes ins Plattenregal brachte. Dass der Status von Death Angel heute dennoch derjenige ist, der er ist, spricht natürlich für die Qualität derjenigen Alben, die ab diesem Zeitpunkt folgten und welche die durchaus wechselhafte Bandgeschichte ein wenig in Vergessenheit geraten ließen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Es liegt seit geraumer Zeit in der Natur des Traditional Thursday, tendenziell eher kleine, unbekannte Bands zu behandeln. Diese Ausrichtung hat sich schon im Laufe der frühen Ausgaben nach der Einrichtung unserer Songs des Tages so ergeben und hat sich, wenn mir diese Selbsteinschätzung so gestattet sei, nicht zuletzt im Kontrast zu den anderen Kategorien im Großen und Ganzen auch bewährt. Nichtsdestoweniger ging dieses Vorgehen doch auch damit einher, dass viele der großen Achtziger-Jahre-Bands in unseren Auszeichnungen fast gar nicht oder zumindest nicht in repräsentativer Frequenz vorkommen. Der Traditional Thursday wäre fachlich eigentlich für diese Gruppen zuständig, aber durch die Vielzahl an Underground-Acts bleiben die Klassiker oftmals auf der Strecke, wenn sie nicht zufällig gerade einmal in einem unserer Specials auftreten. Daher werde ich in der nächsten Zeit einmal versuchen, die kleinen Acts zwar nicht unter den Tisch fallen zu lassen, sie aber doch mit einigen verdienten Größen zu ergänzen, um in diesem Verhältnis eine gewisse Balance herzustellen.

    Ganz in diesem Zeichen steht die heutige Ausgabe, die mit Anthrax eine Band vorstellt, die sicherlich keiner Einführung bedarf, und mit "Among The Living" auch deren bekanntestes (wenn auch nicht zwangsläufig bestes) Album in den Blick nimmt. Die Songauswahl mag für den Einen oder die Andere dennoch noch etwas Neues bergen, denn auf dem benannten Longplayer kann der Closer "Imitation Of Life" sicherlich nicht zu den bekanntesten Songs gezählt werden. Das allerdings ist eigentlich verwunderlich, denn qualitativ steht der Track seinen bekannteren Nachbarn keineswegs nach. Im Gegenteil, die Ostküstler geben hier einmal richtig Gas und fahren ein astreines Thrashbrett auf, das zudem noch mit einem wütenden Text aufwartet, wie ihn Joey Belladonna heute wohl kaum mehr singen würde. Alles in allem ein tolles Stück, das seine Ernennung zum Song des Tages redlich verdient hat!

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Ob ich das mit der "klassischen Alice Cooper-Nummer" so unterschreiben würde, weiß ich nicht. Alice zeichnet sich ja seit jeher dadurch aus, musikalisch immer wieder neue Wege zu gehen, was ihn gerade relativ schwer ausrechenbar macht. Ich könnte, wenn ich mal sein gesamtes Œvre der letzten fünfeinhalb Dekaden ansehe, tatsächlich nicht destillieren, wie sich ein "klassischer" Alice Cooper-Song anhören würde, und gerade seine neueren Machwerke sind ja durchaus deutlich entspannter, als man das einen Gutteil seiner Karriere lang erlebt hat.

    Nichtsdestoweniger ist "I’m Alice" in meinen Augen eine richtig starke Single geworden. Sehr laid-back, hier zeigt sich, dass the Coop durchaus weiß, wie man mit Stil alt werden kann - und das ist im Hard ’N’ Heavy-Genre ja nun weiß Gott keine einfache Angelegenheit. Hilfreich ist dabei natürlich wieder einmal der extrem gelungene Text. Gerade die Bridge ist quasi das kleine Einmaleins der Literaturwissenschaft für Dummies - großartig!

    Da der verfassende Admin gerade außer Landes weilt und außerdem über sehr begrenzte zeitliche Ressourcen verfügt, gibt es heute einmal eine Kurzfassung des Traditional Thursday. Entschieden habe ich mich für eine Band, die wohl kaum eine Einführung braucht. Nichtsdestominder ist es schon eine geraume Zeit her, dass Destruction zuletzt im Traditional Thursday behandelt wurden, weshalb es jetzt hier mit „Bestial Invasion“ einen Klassiker von ihrem Debut „Infernal Overkill“ auf die Ohren gibt. Frohes Headbanging!

    Externer Inhalt m.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Letzte Woche hatte ich mir im Kotzer Girlschool, sicherlich die Female-Metalgruppe par excellence, vorgenommen und sie für eines der schwächsten Werke ihrer Karriere gescholten. Sehr gewundert habe ich mich jedoch, als ich im Anschluss daran einmal das Forum durchsucht habe und feststellen musste, dass nicht nur ich selbst die Britinnen noch nie im Traditional Thursday geführt habe, sondern auch von meinen Kollegen bislang kein einziger die Truppe einer Erwähnung für würdig erachtet hat. Damit hier also nicht ein völlig falsches Bild entstehe, indem die Band auf dieser Website ausschließlich mit einem ihrer wenigen Ausrutscher repräsentiert werde, konnte also kein Zweifel darüber herrschen, welcher Interpret am dieswöchigen Donnerstag den Song des Tages stellen würde.

    Unklar war lediglich, welchen Song der Damen ich heute ins Rennen schicken sollte. Die zeitliche Beschränkung der hiesigen Kategorie legte dabei die Auswahl cum grano salis auf die ersten sieben Alben der Band fest; von diesen fielen zwei ("Play Dirty" und "Running Wild") mangels musikalischer Qualität quasi von vorneherein aus. Einen der Bandklassiker von den ersten zwei Alben, beispielsweise "C’mon Let’s Go" oder das ZZ Top-Cover "Tush", zu wählen, wäre zugegebenermaßen die naheliegendste Lösung gewesen, allerdings wären solche Nummern wohl einem nicht zu verachtenden Teil der Leserschaft schon bekannt gewesen. So fiel mein Blick also auf den "Nightmare At Maple Cross"-Longplayer, der 1986 direkt nach den beiden oben genannten Fehlschlägen erschien und dem von der Allgemeinheit seit jeher nur sehr wenig Interesse entgegengebracht wurde, obschon die Platte eigentlich den Return to Form für die Britinnen markierte und durchaus zu ihren stärksten Veröffentlichungen gezählt werden darf. Zugegebenermaßen fehlten hier von dem Quartett, das die klassische Girlschool-Besetzung darstellt, schon fünfzig Prozent, Enid Williams und Publikumsliebling Kelly Johnson hatten der Gruppe schon vor Längerem den Rücken gekehrt, und da Kim McAuliffe den Gesang folglich allein übernahm, birgt die Scheibe etwas weniger Abwechslung als "Demolition" oder "Hit And Run". Das machte aber gar nichts, da Gil Weston-Jones am Bass und insbesondere Cris Bonacci an der Leadgitarre schon seit einigen Jahren bestens in die Band integriert waren und die Vier auch kompositorisch über weite Strecken ein echtes Feuerwerk abbrannten, das sich gegen Ende der Platte sogar noch steigerte. Entsprechend ist der Closer "Turn It Up" nur eines von vielen Beispielen für die Klasse des zugehörigen Albums, dem jeder Heavy Metal-Fan, der es auftreiben kann, einmal eine Chance geben sollte!

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Unser heutiger Kotzer trifft wie so oft eine Band, die ich eigentlich sehr lieb gewonnen habe. Girlschool gehörten zu Beginn der Achtziger sicherlich zu den stärksten Vertretern der NWoBHM und wenngleich nach ihrem qualitativen Absturz um die Mitte der Dekade, als die Londoner Truppe, wie so viele ihrer männlichen Kollegen, dem Kommerzialisierungsschub, der damals im Zuge der Glam-Welle durch den Metal fegte, zum Opfer fiel, die ganz großen Klassiker fortan nicht mehr geliefert wurden, blieben sich die Damen doch meist treu und lieferten durchaus noch den einen oder anderen starken Track ab. Zu den durchwachseneren Machwerken der späteren Phase der Bandgeschichte zählt allerdings "21st Anniversary: Not That Innocent", das 2002 vor allem die Rückkehr von Original-Gitarristin und Sympathieträgerin Kelly Johnson zur Gruppe markierte.

    Nun lässt sich durchaus sagen, dass sich auch auf diesem Album einige sehr überzeugende Nummern fanden. Genannt seien hier "Hooked", "Little Green Men" oder "London", eine Hymne an den Herkunftsort der Band. Andere Songs sind dagegen eher als Füllmaterial zu bewerten und insbesondere den Closer "Everybody Does It" hätte man wohl besser schlicht gestrichen. Während ich die textliche Message der Freie-Liebe-Fraktion ja durchaus ganz sympathisch finde, ist die musikalische Darbietung einfach weder bandtypisch noch qualitativ bereichernd. Wenngleich sich der eröffnende Discobeat dankenswerterweise als Täuschungsmaneuver entpuppt, ist es einfach unbefriedigend, zu sehen, wie die Band versucht, mit einer Reihe von Frühzweitausender-Soundeffekten auf Gitarre und Bass die Abwesenheit quasi jeglicher Melodie in der Nummer zu kaschieren. Kellys Gesang bleibt ebenso monoton und unmelodisch und nach einundzwanzig Jahren Bandgeschichte sollte man eigentlich auch verinnerlicht haben, dass eine einzige Zeile Text allein noch keinen guten Refrain macht. Eine der schwächsten Nummern, die die Gruppe je aufgenommen hat, und ein unwürdiger letzter Auftritt von Kelly Johnson für Girlschool vor ihrem viel zu frühen Krebstod.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Mit der neuesten Ausgabe in unserem Traditional Thursday wenden wir den Blick einmal mehr nach Frankreich und heute geht es direkt in die Stadt der Liebe, Paris, wo welche der ältesten, wenn auch heute etwas vergessenen Genrevertreter des Landes ihre Heimat hatten. Die Wurzeln von Warning reichen bis ins Jahr 1980 zurück, unter dem Titel Stratos soll die Band sogar davor schon existiert haben. Man hat es hier also mit einer Gruppe zu tun, die nicht als Nachahmer, sondern durchaus als Zeitgenosse der NWoBHM aufzufassen ist. Bandkopf war wohl Leadgitarrist Christophe Aubert, komplettiert wurde das Quintett durch Raphaël Garrido (Gesang), Didier Bernoussi (Rhythmusgitarre), Alain Pernette (Bass) und Henry Barbut (Drums). Nachdem man einen Plattenvertrag bei Polydor ergattert hatte, erschien 1981 das selbstbetitelte Debut, das allerdings noch eine eher suchende Band zeigte, die bei ihrem Stil noch nicht ganz angekommen war. In der Folge tauschte man die gesamte Rhythmusfraktion aus, neu in die Gruppe kamen Bassist Michel Aymé und Schlagzeuger Gerald Manceau.

    In dieser Formation nahm man nur ein Jahr später den ebenfalls unbetitelten Zweitling auf, der heute üblicherweise als "Warning II" bezeichnet wird und vermutlich das bekannteste und auch beste Werk der Franzosen darstellt. Das Album ist immer noch relativ divers, mit Midtemponummern ebenso wie flotten Abräumern, zu denen beispielsweise das heute vorgestellte "Commando" gehört, doch griffen die einzelnen Elemente auf dieser Scheibe einfach bedeutend besser ineinander, als das noch auf dem Debut der Fall gewesen war. Doch in richtig ruhige Fahrwasser wollten Warning trotz dieses Erfolges nicht kommen; nicht nur stand ein Labelwechsel von Polydor zu Columbia Records an, nein, auch verließen Raphaël und Didier die Band. Als neuer Mann hinter dem Mikro wurde Francis Petit engagiert, während man die Rhythmusgitarre gar nicht mehr besetzte; Christophe übernahm fortan die Gitarrenparts alleine. In dieser Formation erschien 1984 mit "Métamorphose" noch ein weiteres Studioalbum, das ein wenig gesetzter und nicht mehr ganz so engagiert klang wie der Vorgänger, nichtsdestoweniger aber noch über eine Reihe überzeugender Songs verfügte. Umso bedauerlicher erscheint es, dass nur ein Jahr später unter mir unbekannten Umständen Schluss war für die Band, die sich auch in der Folge leider nie mehr zusammenschloss. So bleiben also drei Alben, von denen keines wirklich schlecht, zwei aber ziemlich gut waren, als Eintrag von Warning in die Metalgeschichte bestehen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Nun ja, Aussage schön und gut, aber wenn die Musik halt in etwa so spannend ist, wie einem Kaktus beim Wachsen zuzusehen, dann hilft das ja auch nichts weiter. In meinen Augen steht die Nummer symptomatisch für das, was mit der neuen Metallica falsch gelaufen ist; für mich ein absoluter Lückenbüßer, der Track.

    Diese Woche gibt es zu unserem Traditional Thursday mal wieder eine in vielerlei Hinsicht interessante und außergewöhnliche Gruppe zu besprechen, wenn wir unseren Blick auf die 1983 in Colorado Springs gegründeten Salem Spade fallen lassen. Hier nämlich handelt es sich nicht einfach nur um die X-te standardmäßige US-Metal-Gruppe der Achtziger, vielmehr verbirgt sich hinter dem Bandbanner etwas sehr Eigenes. Es beginnt schon damit, dass die Band zwar am Fuße der Rocky Mountains begründet wurde und Zeit ihres Bestehens dort ansässig war, tatsächlich aber mit ebenso gutem Recht als schwedisches wie als amerikanisches Projekt bezeichnet werden könnte. Gegründet wurde die Truppe nämlich von den beiden Brüdern Pat (Gitarre) und Rikard Stjernquist (Drums), die ursprünglich aus Stockholm stammen. Beide fanden eine Gruppe aus gleichgesinnten Mitmusikern, allerdings wurde Rikard schon 1987, kurz vor der Veröffentlichung der ersten Demo, von Jag Panzer abgeworben, wo er mit kurzer Unterbrechung bis heute hinter der Schießbude sitzt. Abgesehen von diesem Verlust schafften es Salem Spade aber, ein recht stabiles Line-up beizubehalten. Die drei Demos, welche die Band 1988 und 1989 veröffentlichte, ehe man sich im Folgejahr weitgehend sang- und klanglos auflöste, wurden allesamt von derselben Besetzung eingespielt.

    Erst 2007 gruben Steel Legacy Records die Demo-Aufnahmen wieder aus, klatschten sie hintereinander auf eine Platte, die somit mit insgesamt elf Tracks gerade auf eine angemessene Länge kam, und veröffentlichten das Ergebnis unter dem Titel "Witch Hunt", in Anlehnung an den Titel der ersten Demo der Band. Und tatsächlich ist das, was man auf dieser Gesamtschau der kurzen Karriere von Salem Spade zu hören bekommt, wirklich überzeugend, wenngleich hinsichtlich des Genres gar nicht so einfach zu kategorisieren. Auffällig ist zu jeder Zeit das große instrumentale Potential der Band, was stets zu einer leicht angeproggten Ausrichtung führt, doch die Grundlage, über die dieser progressive Filter gelegt wird, variiert zwischen den und teilweise auch innerhalb der Songs. Da finden sich melodische Gitarren und ein sehr geschäftiger Bass, die an klassischen Briten-Metal à la Mittachtziger-Iron Maiden denken lassen; an anderer Stelle nimmt die Intensität des Dargebotenen beinahe thrashige Formen an. Die Stimme von Sänger John Secrest wiederum erinnert mitunter an die klassischen Vertreter des US-Power Metal. Insgesamt hat man es hier also mit einer eigenständigen, niemals langweiligen Scheibe zu tun, der das treibende "Children Of The Wasteland" als Song des Tages entnommen wurde. Tatsächlich erfolgte nach der Veröffentlichung dieser Platte sogar noch einmal eine Reunion von Salem Spade, die aber leider vor dem frühzeitigen Tod von John 2016 keine Früchte mehr trug.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Während in Europa die Ankunft der Achtziger den Aufstieg des Heavy Metal mit sich brachte, war es jenseits des Atlantiks der Power Metal, der nur wenige Jahre später die (gemäßigte) Metalszene zu dominieren begann. Und wie überall auf der Welt zeigt sich auch hier das Phänomen, dass einige Bands zu Aushängeschildern des Genres aufstiegen, während andere, teils selbstverschuldet, teils durch unglückliche Umstände, über einen obskuren Status nicht hinauskamen. Zu jener zweiten Gruppe zählen auch Heathen’s Rage, gegründet 1983 in Yardville, im Süden des Bundesstaates New Jersey an der amerikanischen Ostküste. Nach einigen Demo-Veröffentlichungen erhielt das Quintett einen Vertrag bei dem kleinen Label Rock Dream und konnte hier 1986 seine selbstbetitelte Scheibe veröffentlichen. Selbige Platte wird offiziell meist als EP gelistet, hinterlässt jedoch beim Hören tatsächlich eher den Eindruck einer Single. Das Teil besteht aus einer überzeugenden A-Seite, dem hier vorgestellten "Knights Of Steel", sowie zwei B-Seiten, welche dieser Vorlage qualitativ nur teilweise gerecht werden. Aus der originalen Besetzung waren damals noch Chris Teresyn (Drums), Bob Pizzauro (Vocals), Rob Warner und Tony Lee (beide Gitarre) dabei. Am Bass dagegen hatte man Mike LePond engagiert, der später zu einer Art "Hans Dampf in allen Gassen" des Ami-Metal wurde; die Metal-Archives listen für ihn heute nicht weniger als 22 aktive (!) Bandmitgliedschaften - großteils allerdings in völlig belanglosen Progressive und/oder Symphonic Metal-Kapellen.

    Diese Einflüsse hatten freilich anno ’86 noch nicht um sich gegriffen. "Knights Of Steel" beginnt mit einem schönen, ruhigen Intro, ehe die Nummer an Intensität zulegt und typischen Power Metal-Hammer wird, der gar immer wieder auch Speed Metal-lastige Passagen integriert. Leider kam es nach "Heathen’s Rage" nicht mehr zur Veröffentlichung von echtem Studiomaterial durch die Band, die sich 1990, wie so viele andere den klassischen Metalgenres anhängende Gruppen in jener Zeit, auflöste. Seit 2014 sind Heathen’s Rage nun wieder aktiv, größtenteils sogar in der Originalbesetzung, doch abseits von diversen Wiederveröffentlichungen von "Heathen’s Rage", meist unter Beigabe von allerlei aufgefundenem Demomaterial, ist hierbei bis heute nicht viel herumgekommen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Wer bei seinen Livegigs neben der Qualität der Bands auch Wert darauf legt, diese in möglichst großer Zahl zu sehen zu bekommen, der ist mit dem Huginns Awakening Festival im belgischen Oostende ausgesprochen gut bedient. Zwar verfügt das Event nur über eine einzige Bühne, auf der geht es dafür Schlag auf Schlag zur Sache. Und gerade richtig ist es: Viel mehr als elf Bands wird man sich an einem Tag realistisch betrachtet ohnehin nicht ansehen können oder wollen. Aus diesem Grunde, aber auch aufgrund des exquisiten Line-ups an sich begab sich auch der Crew-eigene Vielschreiber am gestrigen Samstag nach Flandern, übrigens zu seinem persönlich ersten ausländischen Festival – wer hätte das gedacht? (Daran, dass von der neuen Heimat aus die belgische Nordseeküste schneller zu erreichen ist als München, muss ich mich allerdings erst noch gewöhnen.)

    Aufgrund einer überaus merkwürdigen Einlassroutine konnte dem Eröffnungsgig des Festivals, dargeboten von Violent Sin, leider nur ein Bruchteil der Leute beiwohnen, die um diese Uhrzeit eigentlich auf den Gelände sein wollten. Das ist insbesondere deshalb bedauerlich, weil die belgischen Speed-Youngster eine voll und ganz überzeugende Leistung ablieferten. Ihre gutklassige musikalische Darbietung rundete die Band mit einem engagierten Auftreten ab und schreckte selbst als Opener nicht vor dem Auffahren einer Pyroshow zurück. Das darf man einmal Ambition nennen!

    Die folgenden Lethal Injury stellten die Lokalmatadoren des Events dar, stammen sie doch direkt aus Oostende selbst. Da das Festival an sich allerdings ja doch eine eher überregionale Angelegenheit mit einem sehr gemischten Publikum darstellt, war ich gespannt, wie groß der Heimvorteil sein würde, auf den die Band bauen könnte. Die Antwort? Nicht sehr groß. Die Stimmung fiel gegenüber Violent Sin deutlich merkbar ab, was gleich in mehrfacher Hinsicht verwunderlich ist: Zum einen waren inzwischen die meisten (allerdings immer noch nicht alle!) Zuschauer endlich auf das Gelände gelassen worden, zum anderen war auch mit der musikalischen Darbietung von Lethal Injury eigentlich überhaupt nichts verkehrt, es handelte sich um durchaus soliden Thrash Metal. Man wird also den Grund für die kühle Response auf den Auftritt nur an der Präsentation der Band selbst festmachen dürfen. Tatsächlich kultiviert Sänger Ivo Cardon nicht nur in seinem Aussehen, sondern auch in seinem Stageacting eher den mit dem Core-Genre assoziierten Aggro-Stil als den „good friendly violent fun“ des Thrash Metal. Auch wirkte die Band als Gesamtes streckenweise schlicht demotiviert und schien keinerlei Bock auf diesen Auftritt zu haben. Oder war vielleicht die negative Reaktion des Publikums zuerst da und die Lustlosigkeit der Musiker nur die Antwort darauf? Nun, eventuell handelt es sich auch einfach nur um eine Band, die eben auf Platte besser ist als live.

    Es folgte mit Bütcher der letzte belgische Act des Tages, der die Stimmung wieder deutlich zu heben wusste. Der rüpelhafte Black Metal der Truppe kam hervorragend an und wurde mit einer stimmungsvollen Liveshow passend untermalt. Für die Band war der Gig insofern ein besonderer, als er die letzte Show mit Drummer LV Speedhämmer darstellte. Dieser kam kurz vor Schluss unerwartet gar noch zu einem Solo, als an der Gitarre zu technischen Störungen auftraten und die Wartezeit irgendwie überbrückt werden musste. Nebeneffekt dieser Unterbrechung war, dass zum Abschluss des Auftritts nicht, wie sonst üblich, „The Blakk Krusader“, sondern aufgrund der zeitlichen Verzögerung das kürzere „Speed Metal Attakk“ in derart wahnwitzigem Tempo heruntergeprügelt wurde, dass auch wirklich jeder vollständig bedient in die Umbaupause gehen konnte. Die Getränkestände hatten zu dieser Zeit Hochkonjunktur.

    Die Schweden von Ambush habe ich ja bereits das eine oder andere Mal live gesehen und war immer sehr überzeugt. Dennoch konnte man den heutigen Auftritt durchaus als Härtetest betrachten. Zum einen war man als einziger Vertreter des Heavy Metal der mit Abstand softeste Act des Tages, zum anderen war Gitarrist und Charakterkopf Olof Enkvist auf Vaterschaftsurlaub zu Hause geblieben. Dass sich die Band trotzdem mühelos behaupten konnte und vom Publikum abgefeiert wurde, belegt in meinen Augen den Status von Ambush als erstklassige Liveband. Sessiongitarrist Alex Thunder ersetzte Olof absolut überzeugend, brachte seinen eigenen Stil ein und war dem originalen Gitarrero letztlich ebenbürtig. Die Güte der Liveshow der Skandinavier ist mittlerweile etabliert, dennoch bleiben Gigs der Gruppe stets interessant, da immer wieder neue Details eingefügt werden, um auch den passionierten Fan bei Laune zu halten. Diesmal wären hier beispielsweise die Widmung von „Heading East“ an die Ukrainer („Letʼs hunt some Russians!“), das kurze Basssolo vor „Hellbiter“ oder das Gitarren-Zitat von Accepts „Princess Of The Dawn“ am Start von „Natural Born Killers“ zu erwähnen.

    Sehr gespannt war ich auch auf den Auftritt von Gama Bomb. An der musikalischen Klasse der Iren kann gar kein Zweifel bestehen, ihr Image als Spaßband dagegen lag mit der Gesamtausrichtung des Festivals einigermaßen deutlich über Kreuz und tatsächlich merkte man, wie in Anbetracht des Bühnenoutfits von Sänger Philly Byrne, bestehend aus einem pinken Ganzkörperanzug und neonblinkendem Mikrophonständer, zunächst eine Art bedröppelter Zurückhaltung durch das Publikum fuhr. Doch nichtsdestominder gelang es der Truppe, durch massive Einbindung der Zuschauer ihrer Situation Herr zu werden. Gegen Ende des Auftritts jedenfalls hatten die Herren die inzwischen recht gut gefüllte Halle voll im Griff – und, in aller Ehrlichkeit, wer, wenn nicht ein Philly, der von der Absperrung herab eigenhändig durstige Kehlen in den vorderen Reihen mit kühlendem Bier aus dem Bühnenbereich versorgt (Die Firma dankt!), hätte diesen Erfolg denn auch verdient gehabt?

    Die Brasilianerinnen von Nervosa hatte ich zuletzt 2016 gesehen, zufälligerweise auch damals zusammen mit Destruction, und seinerzeit war mein Eindruck ein verhalten positiver, teilweise auch, weil ich mir im Vorfeld eher wenig von dem Gig erwartet hatte. Diesmal war es leider umgekehrt. Fast nur Songs vom neuen Album zu spielen, ist generell eine riskante Sache. Wenn aber jenes Album auch noch das schwächste der Bandgeschichte ist, schießt man sich mit einer solchen Wahl letztlich selbst ins Knie. Eine merkwürdige Entscheidung war es zudem, „Genocidal Command“ zwar zu spielen, aber nicht, wie auf der Albumversion, Schmier zum Duett auf die Bühne zu bitten, obwohl der mit eigener Band ja nachweislich auf dem Festival anwesend war. Kein schlechter Gig, aber mehr wäre definitiv möglich gewesen...

    ... So wie beispielsweise bei Angelus Apatrida. Die Spanier legten mit dem heutigen Gig den Auftakt für ihre Tournee durch Europa und Nordamerika, wirkten aber gemessen daran schon jetzt extrem abgeklärt und gut organisiert. Knapp 25 Jahre Bühnenerfahrung machen sich hier wohl einfach bemerkbar (unfassbar, wie lange die Anfänge des Thrash Metal-Revivals schon wieder zurückliegen!). Extrem schade war es lediglich, dass nach rund zwei Dritteln des Sets eine Dame im Publikum kollabierte, die zunächst notärztlich versorgt und dann in entsprechender Weise abtransportiert werden musste, was den Gig effektiv beendete.

    Tja, und dann war es Zeit für die großen Jungs, endlich zu spielen. Den Anfang machten dabei Artillery, die aufgrund der Verzögerung von Angelus Apatrida nach einem ganz kurzen Line-Check so unvermittelt zu spielen begannen, dass ein Gutteil des Publikums noch überhaupt nicht darauf eingestellt war. Den nachfolgenden Gig gestaltete Dänemarks zweitgrößte Metalband nichtsdestoweniger sehr stark. Die Gitarrenfraktion spuckte ihre typischen komplexen und technischen Riffs und Band-"Youngster" Michael Bastholm Dahl (Gesang) sorgte für den Nahkontakt mit dem Publikum – letztlich, im Zuge einer Crowdsurfing-Session, sogar im ganz wortwörtlichen Sinne.

    Es folgten mit Holy Moses eine derjenigen Bands, auf die sich der Verfasser dieses Berichtes vorab am meisten gefreut hatte. Die Aachener Thrash-Urgesteine um legendäre Frontfrau Sabina Classen, in meinen Augen nach wie vor die beste weibliche Sängerin des Metalgenres, befinden sich bekanntlich auf ihrem letzten Festivalsommer vor der Auflösung der Gruppe im Dezember und konnten die von Artillery gelieferte Vorlage sogar noch übertreffen. Sabina ist, gemessen an ihrem Alter, immer noch ausgesprochen agil und physisch präsent und wenn auch insbesondere bei den neuen Songs, die gerade im rechten Maße ins Set integriert wurden, der Text nicht immer ganz sicher zu sitzen scheint und der eine oder andere Gesangseinsatz mitunter mal einen halben Takt zu spät erfolgt, so kann man das doch keiner Frau übel nehmen, die anstelle eines Teleprompters ganz einfach ein analoges Buch mit auf die Bühne bringt und nach jeden Stück kurz umblättert – mehr Oldschool geht wohl nicht, wenn man gelegentliche Textwackler kaschieren will! Eine schöne Geste war es außerdem, zum abschließenden Dead Kennedys-Cover „Too Drunk To Fuck“ die Kolleginnen von Nervosa sowie einzelne Damen aus dem Publikum mit auf die Bühne zu rufen. Für den Rezensenten persönlich wurde der Gig zudem noch mit einer Setlist gekrönt!

    Exciter waren für mich ein weiterer zentraler Grund, das Festival zu besuchen, hatte ich sie doch letzten Sommer noch so unglücklich durch Terminüberschneidungen verpasst, und tatsächlich konnten auch die Kanadier sämtliche Erwartungen mehr als erfüllen. Mir wäre spontan keine andere Band geläufig, die seit über vierzig Jahren im Geschäft ist und in ihrem Liveset trotzdem nur vier Jahre ihres musikalischen Schaffens abbildet. An irgendeinem Punkt in ihrer Karriere scheinen sich die Ahornblätter einig geworden zu sein, dass für sie einfach immer noch 1986 ist und dass alles, was nach diesem Zeitpunkt veröffentlicht wurde, in ihren Setlisten keine Existenzberechtigung hat. Das mag für Vielfahrer, die die Band sehr oft besuchen, vermutlich irgendwann eintönig werden, für mich, der Exciter nun zum ersten Mal sah, war es dagegen großartig, all die alten Klassiker in der Vollbedienung zu bekommen. Überhaupt grenzt es ja an ein Wunder, wie es Dan Beehler mit über sechzig Jahren nach wie vor schafft, bei den Speed Metallern die Rollen des Drummers und des Sängers gleichzeitig zu übernehmen. Der Mann ist ein absolutes Phänomen und hat nebenbei noch die Energie, wie wild hinter seinem Drumkit tobend den ruhelosen Publikumsanheizer zu geben. Wahnsinn! Ein netter Twist war es überdies, dass die Band am Ende des Konzertes nach ihrem üblichen Closer „Long Live The Loud“ tatsächlich noch einmal auf die Bühne kam, um ein Cover von Motörheads „Iron Fist“ zum Besten zu geben. Ob das von vorneherein so geplant war, oder ob dem Trio nach dem Abgang von der Bühne schlicht aufgefallen ist, dass sie noch etwas Zeit übrig hatten, bleibt unklar, fest steht jedenfalls, dass man mit dieser Zugabe nicht unbedingt gerechnet hatte.

    Abschließend kamen dann noch Destruction dran. Von den Süddeutschen weiß man natürlich von vorneherein, was man bei ihnen zu erwarten hat, auch wenn es für mich das erste Mal war, sie ohne Originalgitarrist Mike Sifringer zu sehen. Fazit: Konnte man auf Platte das Fehlen des zauseligen Saitengroßmeisters kompositorisch vielleicht hie und da erahnen, so macht sich sein Fehlen live kaum weiter bemerkbar. Ersatzmann Martin Furia darf, nicht zuletzt altersbedingt, im Zweifel gar als eine Ecke aktiver und agiler gelten als sein Vorgänger. Auch hinsichtlich der Setlist trafen Destruction das rechte Maß, banden die „Diabolical“-Scheibe stellenweise ein, legten den Fokus aber klar auf die Klassiker, um derentwillen die Besucher gekommen waren. So fügte sich also alles bestens zusammen bei den Badensern, die mit vergleichsweise opulenter Bühnenshow den würdigen Headliner für ein Huginns Awakening Festival darstellten, das von Zuschauerseite aus Betrachtet definitiv als voller Erfolg gelten kann.

    Wer unsere Songs des Tages aufmerksam verfolgt, dem wird aufgefallen sein, dass ich es mir in den letzten Wochen/Monaten zum Hobby gemacht habe, ein wenig den französischen Metal-Underground der achtziger Jahre zu durchforsten, was insofern eine recht einfache Aufgabe ist, als eigentlich jeglicher französischer Metal der Achtziger Underground ist. In einem generell den Metal eher zurückhaltend rezipierenden Klima und angeführt von einer Reihe von Bands, die auch qualitativen Ansprüchen oft nur bedingt gerecht wurden (Sortilège oder Blaspheme wären zu nennen), hatte die Szene kaum eine Chance, ernsthaft auf die Füße zu kommen. Das hatte leider zur Folge, dass auch und besonders die meisten Gruppen der zweiten Reihe dem beinahe vollständigen Vergessen anheimfielen, obwohl sie teils über vorzügliche Anlagen verfügten. Zu diesen zählen auch Demon Eyes aus dem Pariser Vorort Sannois, die sich 1982 gründeten und ab 1984 in schöner Regelmäßigkeit alle drei Jahre ein Album veröffentlichten, ehe 1990 effektiv der Vorhang fiel (angeblich gibt es die Band seit 2006 wieder, gehört hat man von ihnen seither aber nicht wirklich etwas).

    Von den drei genannten Alben waren die ersten zwei, "Rites Of Chaos" und "Garde À Vue", in etwa auf demselben Level, während das Finale "Out Of Control" eher abfiel. Obwohl man in der Zeit zwischen den ersten beiden Longplayern den Drummer und eine Hälfte der Gitarrenfraktion austauschte, bedienen beide Scheiben im Großen und Ganzen dasselbe stilistische Feld, was sicherlich auch daran liegt, dass effektiv die Gebrüder Philippe (Gesang, später scheinbar auch Drums) und Thierry (Gitarre) Masson das Rückgrat der Gruppe darstellten und diese wohl Zeit ihres Bestehens am Leben hielten. Ihr Stil lässt sich beschreiben als traditioneller Heavy Metal mit einer nicht durchgehend präsenten, aber doch sehr deutlichen Speed-Schlagseite, die an solche Acts denken lässt, welche einige Jahre zuvor den Grundstein für die spätere Thrash Metal-Bewegung gelegt hatten (man denke an Raven oder Anvil). Das musikalische Niveau ist durchwegs hoch, wenn auch nicht überragend und einige der Songs wissen auch heute noch vollends zu überzeugen, darunter sicherlich auch das hier vorgestellte "L’Ermite" vom 1987 erschienenen zweiten Album.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Beinahe hätte ich es getan. Beinahe hätte ich mich hinreißen lassen und hätte zum Thema des heutigen Kotzers diejenige Nummer gemacht, mit der Lord Of The Lost unsere Nation am gestrigen Abend einmal mehr europaweit der Lächerlichkeit preisgegeben haben. Qualitativ wäre das Potential dazu sicherlich gegeben gewesen. Aber letztlich erschien mir diese Themensetzung dann doch nicht angeraten; zum einen, weil ich den Song heute zum allerersten Mal gehört, nachdem ich vom Ergebnis der gestrigen Musikveranstaltung erfahren habe und mich informieren wollte, welches Lied uns denn in dieser Weise blamiert hat, und zum anderen, weil ich mich ehrlicherweise ja auch diebisch gefreut habe, dass es für unsere diesjährigen Vertreter, die in der Genre-uninteressierten Öffentlichkeit logischer-, wenn auch fälschlicherweise, nur als zweitklassiger Rammstein-Verschnitt verstanden werden konnten, nicht besser lief als für ihre dem Mainstream entstammenden Vorgänger aus den vergangenen Jahren, wäre aus einer solchen Betrachtung wohl kaum ein fairer Kotzer hervorgegangen.

    Daher gibt es heute also etwas Anderes auf die Ohren, allerdings ebenfalls eine Band, deren Behandlung in unserer Negativ-Kategorie man vermutlich schon erwarten konnte. Es ist eigentlich wirklich schade, dass Lordi jedes Mal, wenn sie ein neues Album veröffentlichen, mindestens einmal in unserem Kotzer zu Gast sind, aber was soll man denn machen, wenn die musikalische Leistung der Finnen diese Nennungen regelrecht herausfordert? Auch der neue Longplayer, "Screem Writers Guild", liefert, wie im entsprechenden Review schon ausführlicher beschrieben, mit seinen zahlreichen kraftlosen Schunkelrefrains wieder eine Reihe potentieller Kotz-Kandidaten. Tatsächlich habe ich eine ganze Weile über die beste (respektive schwächste) Nummer sinniert, denke aber, mit "Vampyro Fang Club" zu einer guten Wahl gekommen zu sein. Im Großen und Ganzen krankt der Track zwar an denselben Punkten, wie das auch eine Reihe weiterer Songs auf dem Silberling tut, doch bin ich der Ansicht, dass bei "Vampyro Fang Club" zusätzlich auch das Verhältnis der Songteile zueinander einfach unpassend ist. Die Strophe beginnt, man möchte fast sagen: gewohnterweise, ultrasoft und mit einem Übermaß an Keyboard. Das ändert sich auch im Pre-Chorus nicht, doch gewinnt der Hörer anhand der Harmoniebögen dennoch das Gefühl, dass hier auf einen Refrain hingeleitet wird, der mit ein bisschen mehr melodischem Gehalt das klare Zentrum des Stückes darstellt. Diese Erwartung wird jedoch herbe enttäuscht, denn wenn der Chorus tatsächlich einsetzt, ist er im Gegenteil wesentlich entspannter und ruhiger als der Pre-Chorus und in dieser Hinsicht bestenfalls auf einem Niveau mit der Strophe. Diese merkwürdige Konstruktion, die selbst bei mehrfachem Hören einfach keinen Sinn ergeben will, erlaubt es, "Vampyro Fang Clubs" unter den schwachen Songs auf "Screem Writers Guild" noch einmal gesondert herauszuheben und den Track zu unserem Kotzer der Woche zu machen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.