So, nachdem in der Gruppe heute der Wunsch aufgekommen ist, das ganze mal ein für allemal hier festzuhalten, hier jetzt die Definition von "Trueness" sowie "Poser" und die Antworten auf die entsprechenden Fragen. Ich kopiere dazu einfach meinen Dialog mit Jimmy hier rein.
Trotz des Risikos, eine ewige Diskussion vom Zaun zu brechen: Wie genau definiert ihr eigentlich "true"?
Quote from Dr. SinDisplay MoreNaja, "true" ist erst einmal alles, was den typischen Metaller ausmacht, also quasi sind alle Eigenschaften true , die man einem echten Metaller zuschreiben würde. Dabei gibt es natürlich wichtigere und unwichtigere Aspekte. So ist es für die Trueness natürlich absolut essentiell, was man für Musik hört, da das ja den Metal direkt betrifft. Sachen wie Haarlänge oder Ähnliches sind dagegen eher zweitrangig, auch wenn lange Haare an sich sicher true sind.
Es fällt also schon auf, dass es in Sachen Trueness nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern auch sehr viele Grautöne. Einen Menschen, der in jedem Aspekt zu hundert Prozent true ist, wird man auf der Welt ebensowenig finden, wie einen, der in Bezug auf alles untrue ist. Essentiell ist wie gesagt vor allem der Musikgeschmack.
Geschichtlich gesehen war ursprünglich aller Metal true, bevor äußere Einflüsse begonnen haben, das Genre zunehmend zu ersetzen. Aus dieser Situation ergaben sich letztlich zwei Strömungen: Die Poser (oder, besonders in den Achtzigern noch häufig: False Metaller), die in erster Linie versucht haben, schnelllebigen Trends zu folgen, um "cool" zu sein und denen das Genre an sich, das sie mit dieser Art, Musik zu betrachten, beschädigten, eigentlich relativ egal war, auf der einen und die wahren Metaller, die in der Tradition verhaftet blieben und sich von dem Shift gen Mainstream abgrenzten, andererseits.So entstand dann der Gegensatz zwischen truen Metallern und untruen Posern.
Prinzipiell ist also jeder echte Metaller, der den Metal in seiner ursprünglichen Form erhalten will und ihn nicht dem Mainstream preisgeben will, true. True Metaller wiederum zeichnen sich dadurch aus, dass sie für diese Überzeugung aktiv eintreten und gegen das Posertum intervenieren.
Womit das True Metaller-Sein dagegen wenig bis gar nichts zu tun hat, ist das Genre True Metal. Denn dieses ist letztlich nur eine von Manowar begründete Spielart des Heavy Metal, die wegen der truen Einstellung Manowars so genannt wurde, aber an sich nicht wirklich mit Trueness zu tun hat. Entscheidend sind da vielmehr die Lyrics, in denen ein Sword & Sorcery-Image aufgebaut wird und eine eher epische Spielweise. Man kann also durchaus True Metaller sein und Manowar scheiße finden, auch wenn es von der Sorte wohl nur sehr wenige Metaller geben dürfte.
Was man bei der ganzen Sache natürlich nie vergessen darf, ist, dass das ganze von Anfang an ein Kampfbegriff gegen das Posertum war,um sich von diesem abzugrenzen und dass der Begriff dadurch natürlich mit Absicht traditionell besetzt ist.
Nächste Frage: Wie definiert ihr Poser? Alles, was in Richtung Metaller o.Ä. geht, aber nicht true ist?
Quote from Dr. SinDisplay More"Poser" ist in erster Linie mal ein Begriff für Menschen, die glauben oder zumindest behaupten, sie seien Metaller, in Wirklichkeit aber keine sind. Auch dieser Begriff ist wiederum nicht wertneutral entstanden, sondern war ebenfalls ein Kampfbegriff der wahren Metaller, um die Wannabes abzuwerten.
Um das ganze zu verstehen, muss man sich mal in die Situation Mitte der Achtziger hineinversetzen. Metal war zu diesem Zeitpunkt die große Bewegung der Jugend und mobilisierte erstaunliche Mengen an Anhängern in der jungen Bevölkerung. Unter diesen gab es natürlich solche, die wirklich die Musik feierten und mit Herz und Seele dabei waren, aber auch Mitläufer, die zwar "cool" und "böse" wirken wollten, denen Metal aber in Wirklichkeit immer eher ungeheuer war, da sie die Musik eher als Lärm empfanden.
Diese Mitläufer´haben dann ab Mitte der Achtziger angefangen, den Metal mehr und mehr in Richtung Mainstream zu pushen, indem sie sich musikalisch und auch in ihrer Haltung an diesen anpassten. Zu nennen wäre hier wohl Glam Metal als das erste dezidierte Poser-Genre.
Die Musikindustrie erkannte schnell, dass sich mit derlei Musik auch im Mainstream-Sektor viel mehr Kohle machen ließ, als mit dem eigentlichen Metal, der ihr mit seiner ungestümen, ursprünglichen Härte schon immer ein Dorn im Auge gewesen war und die sogenannte Fachpresse feierte die Poser reihenweise als den "neuen" Metal.
Das ging natürlich den Überzeugungstätern unter den Metallern, die stolz auf ihre Härte, Evilness und unangepasste Unabhängigkeit waren, ziemlich gegen den Strich. Sie traten in eine kollektive Protesthaltung gegen die neuen Entwicklungen, denen die Poser - der Begriff, den sie ja für die Abweichler gefunden hatten - frönten, und wurden noch mehr als bisher zu einer in der Vergangenheit verhafteten Gruppe, die den Metal in seiner ursprünglichen Form wie einen Gral hütete.
Auf Basis dessen wurde natürlich das Bild davon, was ein Poser sei, immer detaillierter. Alles, was in der Zeit, als der Metal noch geeint war, als stilfremd bezeichnet worden wäre, seien es musikalische oder ideologische Aspekte, wurde zusammengetragen und ergab das Bild von dem urtypischen Wannabe, der sich selbst nur als Metaller bezeichnet, um im Trend der Zeit zu liegen, dem aber gleichzeitig das Genre (womit natürlich nur der echte Metal gemeint war und nicht solche Dinge wie Glam) an sich nicht einmal taugte.
Nun ist eine derartig rückwärtsgewandte Haltung natürlich nicht sonderlich hilfreich dabei, seine Musik weiterzuentwickeln und so erstarrte der true Metal zunehmend in seinen angestammten Formen. Der Death Metal als ultimative Absage an den Mainstream kann als eine der letzten neuen Strömungen im truen Sektor bezeichnet werden.
Die Poser dagegen machten sich mit Feuereifer daran, neue Genres zu entwickeln. Ungebunden von jeglicher Sorge um das Genre an sich und seine Ideale wurde der Metal immer an die gerade vorherrschenden Strömungen im Mainstream angepasst, oder einfach nur so mit so ziemlich jedem anderen Musikgenre zusammengepanscht, das es eben so gab. Dadurch entstand eine Unmenge an neuen Genres, die aber natürlich alle von den wahren Metallern nicht anerkannt wurden, waren sie doch im Ursprung schon vom Posertum geschaffen worden.
Daher kommt es, dass es heute so viele Poser gibt, da im Prinzip jeder, der sich vom wahren, ursprünglichen Metal abwendet, um den genannten neueren Strömungen zu frönen, an sich ein Poser ist. Natürlich gibt es auch hier, wie bei dem Fall der Trueness, aber nicht nur schwarz und weiß, sondern verschiedene Abstufungen.
Okay, danke! Frage: Ist Posertum also automatisch etwas Unüberzeugtes, das rein um Kommerzialisierung geht? Oder wie steht es mit Leuten, die wirklich mit Überzeugung eines dieser "Poser"-Genres mögen, aber trotzdem gegen Kommerzialisierung und Ähnliches sind?
Quote from Dr. SinTatsächlich ist es so, dass auch Leute, die die "neueren" Metal-Genres hören, von den True Metallern als Poser bezeichnet werden, da auch sie ja nicht das Ideal des Metallers erfüllen, wie man ihn sich in den Achtzigern vergestellt hätte und damit einem einheitlichen, traditionellen Metal-Genre im Weg stehen.
Und auf welche Genres ist das genau bezogen? Jegliche Vermischungen von Metal mit etwas anderem?
Quote from Dr. SinUntrue sind eigentlich alle Genres, die nicht aus der Ursprungszeit des Metal stammen und auch nicht aus der traditionellen Metal-Bewegung entspringen.
Die wichtigsten truen Metal-Genres wären wohl Heavy Metal samt allen Subgenres (True Metal et cetera), Speed und Thrash Metal, Power Metal amerikanischer Spielweise, der ursprüngliche Black Metal sowie Death Metal.
Hinzu kommen Streitfälle wie neuerer Black Metal oder Melodic Death Metal sowie einige Genres, die weder klar true, noch komplett untrue sind (Doom oder Progressive Metal seien genannt). Der Rest, insbesondere Sachen wie EU-Power Metal samt dem Symphonic-Subgenre, Nu Metal oder der - oft fälschlicherweise zum Metal gezählte - Metalcore, aber auch Dinge wie zum Beispiel Folk Metal lassen sich dagegen eher als untrue kategorisieren.
Ach, und wie ist es mit Sachen, die ursprünglich nicht für den Mainstream konzipiert waren, aber dann vom Mainstream aufgegriffen wurden? Auch wenn ich da zugegebenermaßen eher an Punk denke...
Quote from Dr. SinDie Sache mit den eigentlich truen Genres, die dann vom Mainstream aufgegriffen wurden, ist tatsächlich ziemlich vertrackt. So müssen sich zum Beispiel die (eigentlich truen) Kreator in neuerer Zeit enorme Kritik von der Seite der truen Metaller anhören, weil sie sich nach deren Ansicht zu sehr an den Mainstream anbiedern. Der Fall ist natürlich für die wahren Metalller das Allerschlimmste, da so ihre letzte Bastion gegen den Mainstream, die traditionellen Metal-Genres, auch noch diesem anheim fallen. Andererseits gab es gegen die Erfolge beispielsweise von Judas Priest in den Achtzigern keinerlei nennenswerte Proteste, sei es, weil der Metal da noch nicht in true und untrue geteilt war und das ganze noch in den frühen Achtzigern, der gelobten Zeit der truen Metaller, geschehen ist, sei es, weil Judas Priest ihren Stil kaum verändert haben. Im Allgemeinen ist das ganze Allerdings ein sehr kontroverses Thema, bei dem Auch innerhalb der True-Szene die Toleranzgrenzen, wie weit eine eigentlich true Band Richtung Mainstream schielen darf, ohne dadurch untrue zu werden, massiv auseinander gehen.
[Einwurf] Und was ist mit Leuten, denen es sch**ßegal ist, was sie sind und die hören, was sie wollen?
Quote from Dr. SinLeute, die sowohl im truen als auch im untruen Sektor unterwegs sind, werden von den truen Metallern ebenfalls als untrue angesehen, da die richtigen Metaller ja letzten Endes nach einer geeinten Szene im Stile der frühen Achtziger streben und dafür auch ein Wandeln zwischen den beiden Parteien kontraproduktiv ist.
Ah, okay. Also nach dieser Definition kann es auch gut sein, dass jemand der einfach hört, was ihm gefällt und Kommerzialisierung ablehnt, ein "Poser" ist, sehe ich das richtig?
Quote from Dr. SinDas stimmt, die Bezeichnung als Poser bedeutet nicht (oder besser: heute nicht mehr) zwingend, dass jemand sich aktiv nach kurzlebigen Trends richtet, sondern kann auch auf Leute angewandt werden, die einfach nur so die untrueren Genres hören.
Aber ich verstehe schon richtig, dass "Poser" nur solche sind, die sich ansonsten als Metaller bezeichnen beziehungsweise die Arten von Genres hören? Jemand, der sich gar nicht erst als Metaller bezeichnet beziehungsweise damit nicht wirklich in Verbindung steht, ist kein Poser, oder?
Quote from Dr. SinAuch das ist absolut richtig. Die Einteilung von true und untrue greift generell nur für Leute, die von sich behaupten, dem Metal-Genre zugehörig zu sein; alle anderen sind weder das eine noch das andere und können dadurch auch keine Poser sein.
Was ist mit Leuten, die unter Anderem Metal hören, aber sich nicht konkret als Metaller bezeichnen?
Quote from Dr. SinAuch die sind keine Poser. Es geht den truen Metallern weniger darum, die untruen beziehungsweise am Mainstream angelehnten Genres an sich zu bekämpfen - wenn man das ernsthaft wollte, müsste man wohl mit dem Pop anfangen - sondern vielmehr darum, konkret den Metal gegen Einflüsse aus dem Mainstream abzuschirmen und damit seine ursprüngliche Form zu erhalten. Würden Genres wie Glam Metal nicht permanent darauf pochen, zum Metal-Genre zu gehören , sondern sich vielmehr einfach als eine härtere, unabhängige Spielart des Rock gebärden, hätten die Metaller mit diesem Genre (und mit allen anderen der untruen Genres) wohl keinerlei Probleme. Genau dasselbe gilt dann natürlich auch für die Leute, die diese Musik hören. Solange sie nicht von sich selbst behaupten, Metaller zu sein, bleiben sie selbst von ausgemachten True Metallern normalerweise unbehelligt.
Okay, also geht es um die Definitions-Diskussion. Okay.